Jegg-Life plus September 2015 - page 10

JEGG-Life plus 2015
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Die Schilder machen Angst: „Bogensportanlage – Achtung, Gefahrenzone“. Daneben:
„ImAufbau“. 35 Bogenschießplätze amKirchberg für imWald aufgestellte Tierattrap-
pen am Rande der beliebten Wanderwege. Bürger wehren sich – mit bereits mehr als
1.000 Unterschriften. Ein Musterbeispiel.
Die neuen Sommerspiele 2015 vom Kirch-
berg zeigten: Wilhelm Tell – das Drama von
Friedlich Schiller, in der Neuinszenierung
von Straßengel. Als Posse „Unverhofft“. Der
Schilderwald „wuchs“ praktisch über Nacht.
Im „Drehbuch“ des privaten Bogensport-Be-
treibers Manfred Kaufmann steht wohl nur:
Wir machen einfach Schießspiele im Wald.
Möglichst lautlos, wenn´s geht treffsicher
mitten ins Herz, schließlich will die Tierat-
trappe virtuell tödlich getroffen sein. Im Stift
Rein sieht Florian Plach kein Problem: „ Ein
Sport, der neben gesundheitlich/ therapeu-
tischer Wirkung auch in vielen Religionen
praktiziert wird…“.
Bürger-„Wehr“
mit 1.000 Unterschriften
Die Aktiv-Bürger wehren sich! In vorderster
Reihe: Reinhard Erkinger. Er hat bereits mehr
als 1.000 Unterschriften für die Erhaltung des
Naherholungsgebietes Kirchberg – Straßen-
gel und gegen die Bogensportanlage gesam-
melt. Es erzeugt öffentliche Wirkung, dass
Bürger Zivilcourage zeigen und es sich nicht
gefallen lassen, mit ihren Ängsten im sprich-
wörtlichen Wald stehen gelassen zu werden.
Ein Halali von Pächtern, Verpächtern, Be-
hörden, Politikern und Bürgern – eine Art
„Treibjagd“ im rechtlichen Dschungel ist die
Folge. Denn von „bereits genehmigt“, wie
Betreiber Kaufmann seine Auskunft der BH
Graz-Umgebung interpretiert, dass er keine
eigene Betriebsstätten-Genehmigung brau-
che, ist keine Rede. Im Gegenteil. DI Klaus
Gundl, Forstinspektor in derselben BH stellt
klar: „Ein Pachtvertrag ist keine behördliche
Bewilligung“.
Betreiber fordert Entgegenkommen
Die Gegenwehr von Bürgerseite wird (noch)
wenig ernst genommen. „Das sind Leute mit
Angst vor neuem. Es wird sich alles in Wohl-
gefallen auflösen. Und wenn nicht, dann eben
nicht…“, so Mag. Plach, der aber „Fehler in
der Kommunikation“ einräumt. Aktivbürger
Erkinger hat auch Alternativen ausgearbeitet
und diese Vorschläge für eine Standortverle-
gung in einen Graben hinter die bekannten
Wanderwege längst Bürgermeister Harald
Mulle und Betreiber Kaufmann vorgelegt.
Kaufmann dazu: „Wir haben Vorarbeiten ge-
leistet, die viel gekostet haben. Insbesondere
für Anwälte und Gutachter“. (Die Kosten für
die Attrappen und Schilder belaufen sich auf
mickrige rd. 17.000 Euro). Und, so Kaufmann
weiter: „Es ist nicht alles negativ. Das Projekt
bringt auch der Gemeinde etwas aus den ge-
schätzten 150 Jahreskarten der Schützen…“.
Kaufmann im kaufmännischen Sinn: „Die
Gespräche über Alternativen gibt es. Aber
seitens der Pachtherren, der Gemeinde und
den Aktivbürgern, muss man uns entgegen
kommen…“. Heißt im Klartext: Die vorge-
schlagene Standort-Alternative passt dem
Kaufmann nicht wirklich. Alternativen, die,
wie´s scheint, längst Makulatur sind.
Vorgegebene Polit-Ohnmacht
Die Situation scheint verfahren. Typisch
Österreich, ist man geneigt zu sagen. Für-
wahr: Die Rechtssituation ist unklar, die öf-
fentliche Wahrnehmung katastrophal. Das
Empfinden der Bürger gegenüber der poli-
tisch viel gepriesenen Bürgerbeteiligung de-
saströs. Die Entscheidungs-Ohnmacht der
Politiker inklusive. Erkingers mehr als ein-
tausend Unterschriften wirken bereits – die
Zielscheiben direkt unter der Kirche sind
vorerst schon einmal weggeräumt. Die Bür-
geraktivitäten sollten aber auf Sicht ein kon-
sequentes Umdenken bewirken. Wobei das
private Reha-Zentrum mit den vielen Insas-
sen, die täglich den Kirchberg „erstürmen“,
„Wilhelm Tell“ in Straßengel:
Lautlos, die tödlichen Schüsse…
Bei Reinhard Erkinger (r.) unterschreibt Johann
Oswald gegen das Schießen
Fotos: Cagran
Menschen und Leben
Erich Cagran
die Bürgerinitiativen weit weniger schätzen,
als etwa jene im „Adcura“-Pflegheim. Volle
Unterstützung bekommt Erkinger dafür vom
Pfarrgemeinderat Straßengel: Dieser hat sich
alleine schon deshalb gegen die Schießstände
ausgesprochen, weil sie neben dem Kreuzweg
aufgestellt sind. Auch im nahen Pfadfinder-
Heim, in Kindergarten und Schulen ist derob
keine Zustimmung für`s Schießen in Sicht.
Reinhard Erkinger: „Müssen hier Kindergar-
ten- und Schulkinder mit dem Verletzen und
Töten von Tieren in freier Natur konfrontiert
werden…?“ Damit wird klar: Gäbe es solche
Bürgerinitiativen nicht – alles bliebe unter
der „letzten Sau…“
Schluss mit lustig
Sind die Für und Wider der „Heckenschüt-
zen“ Ansichtssache, so ist bei der Sicherheit
Schluss mit lustig. DI Gundl: „Die von einem
Wiener Gutachter anhand einer Ö-Norm
dargestellte, geringe Gefährdung steht wohl
nur am Papier“. Die von den Betreibern durch
die Warnschilder ausgerufene De-facto-
Waldsperre hat Gundl daher bereits untersagt:
„Bis die laufende juristische Prüfung Klarheit
bringt“. Weil selbst ein Maschendrahtzaun
nichts ausrichtet gegen frei fliegende Pfeile.
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