Jegg-Life-Magazin November 2015 - page 7

JEGG-Life plus 2015
7
Wer in Zeiten von Backboxen, Aufbackstu-
ben und billigen Supermarktsemmeln eine
Bäckerei als erfolgreichen Betrieb führt, muss
schon besondere Unternehmerqualitäten ha-
ben. Ein guter Teil dieser Qualitäten besteht
darin, Krisen und Stresssituationen als He-
rausforderung zu empfinden, denen man
mit Begeisterung begegnet: „Man soll das,
was man tun muss, mit
einem Lächeln tun!“,
philosophiert
Franz
Pfleger, der den in Sem-
riach beheimateten, seit
1899 bestehenden Bä-
ckereibetrieb leitet. Das
führt nicht nur dazu,
dass seine Bäckerei als
regionales Unterneh-
men floriert, sondern
dass sein Roggenbrot
sogar in Londons be-
rühmten Einkaufstem-
pel Marks & Spencer
im Feinkostregal liegt.
Möglich ist das nur,
weil Franz Pfleger ger-
ne in großen Zusam-
menhängen denkt und
Netzwerke aufbaut, mit
deren Hilfe auch die
Umsetzung machbar
ist. „Man muss an seine Ideen einfach glau-
ben“, meint er, „dann öffnen sich auch irgend-
wann die Türen zur Umsetzung.“ Und: „Man
muss bescheiden bleiben und den Menschen
– egal ob Mitarbeiter oder Geschäftspartner
– auf Augenhöhe begegnen.“ Wenn er also
Der Schlüssel zum Erfolg
liegt in der Leichtigkeit...
Dieser Überzeugung ist Franz Pfleger, Bäckermeister in Semriach, der in seiner Freizeit
begeisterter Pilot ist und auf echtes Handwerk fliegt.
weiß, dass es in Indien und im arabischen
Raum viele Diabetiker gibt und dass Rog-
genbrot Diabetikern empfohlen wird, dann
will er sein Roggenbrot auch dort verkaufen.
Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit,
bis auch diese Idee aufgeht.
Neben der Bäckerei widmet sich Franz Pfleger
einem aufwändigen
Hobby, der Fliege-
rei. In Kanada sah er
einmal, wie ein 200-
kg-Mann aus einer
Pilotenkanzel geklet-
tert ist. Also dach-
te er sich, wenn der
das kann, kann ich
das auch. Er machte
den
Pilotenschein,
absolvierte sogar die
Ausbildung zum Be-
rufspiloten und sitzt
immer wieder für das
steirische
Bedarfs-
f l ugunt e r ne hme n
MaliAir im Cockpit,
um
Geschäftsleute
von A nach B zu flie-
gen. Heute sieht er
die Fliegerei als ideale
Unternehmerschule:
Man lernt, nichts dem Zufall zu überlassen,
sich perfekt vorzubereiten, in Stresssituatio-
nen absolute Ruhe zu bewahren und im Team
zu arbeiten. Wenn man dann auch noch auf
der ganzen Welt unterwegs ist, ergeben sich
Kontakte und man verliert die Scheu vor dem
Fremden. Denn interessante Menschen, mit
denen man gute Ideen umsetzen kann, gibt
es überall. Die Krise der kleinen Bäckereien
sieht er längst als Chance, wenn man den
Mut hat etwas anzupacken: „Tore kann man
nur schießen, wenn man selbst mitspielt.“
Während also viele andere Bäckereien die
großen Handelsketten fürchten wie der Teu-
fel das Weihwasser, beginnt er jetzt eine die-
ser Ketten zu beliefern. Und zwar zu seinen
Konditionen, denn so viele Bäcker gibt es ja
nicht mehr, mit denen die Supermärkte ihre
Werbeversprechen von gesunden, regionalen
Produkten noch erfüllen können.
Bei aller Begeisterung für neuen Ideen und
Projekte bleibt Franz Pfleger doch einem treu:
seiner Liebe zum Handwerk und der daraus
resultierenden Freude, nicht das Billigere,
sondern das Bessere zu produzieren.
Handwerk
Andreas Braunendal
Fotos: Sissi Furgler, Gasser
1,2,3,4,5,6 8,9,10,11,12,13,14,15,16,17,...60
Powered by FlippingBook