Jegg-Life-Magazin September 2016 - page 10

Seite 10 | September 2016 |
Jegg - L i fe
Hochwasser: Landesrat amWort
Sie kommen alle Jahre wieder und die Intervalle ihres Erscheinens werden immer kürzer: Schlag-
zeilen von Katastrophen und Aussagen wie „Millionen Euro gegen Hochwasserschäden“. In der
Steiermark ist Landesrat Hans Seitinger (ÖVP) der dafür zuständige Politiker. Er ließ zu den
mehrfachen Ereignissen zu Sommerbeginn 2016 aufhorchen mit der Feststellung „Verbauung
spielt gegen uns“. Dazu ein paar Fragen an den obersten Chef der steirischen Wasserwirtschaft.
Von wie vielen Millionen Steu-
ergeld ist die Rede, wenn von
Katastrophenschutz und in der
Folge von Zahlungen aus dem
Katastrophenhilfs-Fonds ge-
sprochen wird?
Landesrat Seitinger:
Grundsätz-
lich ist zwischen Hochwasserrisi-
komanagement (Schutzbauten,
Vorsorge, Vorwarnung, etc.) und
der Bewältigung konkreter Kata-
strophenfälle zu unterscheiden.
Für Hochwasser-Schutzmaßnah-
men wurden in der Steiermark
in den letzten 10 Jahren mehr als
400 Millionen Euro investiert.
Damit konnten steiermarkweit
und speziell in Graz hohe Hoch-
wasserschäden vermieden wer-
den. Konkreten Zahlen aus dem
Katastrophenfonds ergeben sich
anhand der aufgetretenen Schä-
den. Dabei gilt es zwischen Schä-
den an privaten Objekten bzw.
Schäden an Infrastruktureinrich-
tungen zu unterscheiden.
Dass es einen hundertprozenti-
gen Schutz nie geben wird kön-
nen, ist klar; das betonen auch
Sie immer wieder. Das Gesetz
kennt aber den Terminus des
„hundertjährigen
Hochwas-
sers“, der im Wasserschutzbau
die Norm zu sein hat, was aber
oft nicht der Fall ist. Beispiel:
Schöckelbach in Graz-Andritz.
Warum ist das so?
Landesrat Seitinger:
Dass es kei-
nen hundertprozentigen Schutz
geben kann liegt daran, dass
dieser einfach nicht finanzierbar
ist. Im Rahmen der bestehen-
den Förderungsbestimmungen
werden Anlagen, die vor einem
sogenannten „hundertjährlichen
Hochwasser“ schützen, finan-
ziert. Dies stellt einen sehr hohen
Schutzgrad dar. Die Grundlage
dafür bildet ein statistisch ermit-
telter Wert, der auf Basis von Er-
eignissen aus der Vergangenheit
unter Einbeziehung laufender
Beobachtungen ermittelt wird.
Da sich das tatsächliche Auftre-
ten von Hochwasser-Ereignissen
nicht nach statistischen Vorher-
sagen richtet, können etwaige
Anpassungen für die Zukunft nur
über einen längeren Zeitraum
beurteilt werden. Mit dem Sach-
programm „Hochwasserschutz
Grazer Bäche“ befindet sich ein
wichtiges Projekt in Umsetzung,
das die Landeshauptstadt noch
sicherer vor Hochwasser macht.
Sie sagten jüngst: „Verbauung
spielt gegen uns“. Ist es aber
nicht die Politik, die über das
Raumordnungsgesetz
immer
wieder Bauten in Uferbereichen
genehmigt und Grundstücks-
versiegelungen im großen Stil
zulässt?
Landesrat Seitinger:
Ja, das
stimmt, daher dürfen Fehler, die
in der Vergangenheit passiert
sind, in Zukunft nicht mehr vor-
kommen. Faktum ist, dass eine
Bebauung bis an die Grenzen der
Fließgewässer die Möglichkeiten
für den Ausbau von Schutzmaß-
nahmen erschwert oder ein-
schränkt. Darüber hinaus sind
im Falle von Hochwasser-Ereig-
nissen höhere Schadenspoten-
ziale durch diese unmittelbaren
Verbauungen gegeben. Das Sach-
programm des Landes zur hoch-
wassersicheren Entwicklung von
Siedlungsräumen sieht vor, dass
bei Neuwidmungen ein Abstand
von 10 Metern zum Fließgewäs-
ser vor Bebauungen freizuhalten
ist.
Die
Katastrophen-Ereignisse
werden eher häufiger als rück-
läufig. Wie können die zuvor
genannten politischen Interes-
senskonflikte in Zukunft zum
Wohle der Bevölkerung gelöst
werden?
Landesrat Seitinger:
Das Land
folgt unter Einbindung der Tech-
nischen Universität und weite-
rer Organisationen der Strategie
eines gesamthaften Hochwas-
ser-Risiko-Managements. Dies
beginnt bei der notwendigen
neuen Raumordnung, berück-
sichtigt die Errichtung zusätzli-
cher Hochwasserschutzanlagen,
schließt Hochwasservorwarnsys-
teme mit ein und reicht bis zur
Bewusstseinsbildung und Eigen-
verantwortung der Bevölkerung.
Letztendlich geht es auch darum,
im Falle dennoch auftretender
Hochwasserkatastrophen
eine
effiziente
Ereignisbewältigung
sicher zu stellen und etwaige
Schäden so gering wie möglich
zu halten.
Landesrat Hans Seitinger:
„Fehler, die in der Vergangenheit
gemacht wurden, dürfen nicht
mehr vorkommen“
Foto: Land Steiermark
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von Erich Cagran
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