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echt L i fe
| April 2017 | Seite 11
In Gratwein-Straßengel werden
zwei Gruppen von Asylwerbern
betreut. „Unbegleitete minder-
jährige Flüchtlinge“ sind im
Heim „Toskana“ untergebracht,
weitere rund hundert Erwach-
sene und Familien befinden
sich in anderen Unterkünften.
Ihre Unterbringung erfolgt über
Quartiergeber, die über einen
entsprechenden Vertrag mit dem
Land Steiermark verfügen, die
Betreuung erfolgt über die Ca-
ritas. Sie beinhaltet kaum mehr
als die Ausbezahlung des monat-
lichen Taschengeldes, für mehr
ist bei rund 180 Asylwerbern je
Betreuer kaum Zeit. Arbeiten
dürfen Asylwerber so gut wie
nicht. Frau Schatz wird oft ge-
fragt, ob sie nicht im Garten oder
Sprech- statt
Sprachbarriere
Die Asylwerber in Gratwein-Straßengel lernen zwar unsere
Sprache, fragen sich aber zunehmend wozu. Denn kaum je-
mand spricht mit ihnen.
im Haushalt helfen könnten.
Doch dies ist wegen angeblicher
Konkurrenz zu gewerblichen
Anbietern nicht gestattet. Die
einzige sinnvolle Beschäftigung,
die den Asylwerbern übrigbleibt,
sind Deutschkurse und Aktivi-
täten, die koordiniert von Frau
Schatz mit ehrenamtlich tätigen
Bürgerinnen und Bürgern und
den Vereinen organisiert wer-
den. So fand im Dezember 2016
ein Fest der Begegnung mit rund
300 Besuchern statt, Sprachpaten
helfen beim Festigen der Sprach-
kenntnisse und die Marktmusik
Gratwein organisierte einen Per-
cussion-Workshop mit musikin-
teressierten Neuankömmlingen.
Damit wäre eine gute Basis für
erfolgreiche Integrationsarbeit
gelegt, doch ein entscheiden-
der Baustein fehlt. Immer mehr
Asylwerber stellen fest: „Wozu
machen wir die ganzen Deutsch-
kurse, wenn niemand mit uns
redet?“ Es mangelt an Anknüp-
fungspunkten ins Alltagsleben
der Bevölkerung. Deswegen ver-
folgt Astrid Schatz die Idee eines
Sprach- und Kulturcafés: ein wö-
chentlicher Treffpunkt für den
Alltagstratsch, für Spieleabende,
Lesungen und Vorträge, der ein-
fache Kontaktmöglichkeiten an-
bietet. Wahrscheinlicher Platz für
das Café: das Bürgerbeteiligungs-
zentrum in Gratwein. Auch die
Ehrenamtlichen sind längst da-
rum bemüht in ihrem Umfeld
Personen zu aktivieren, die bereit
sind, mit den Asylwerbern etwas
eigentlich ganz einfaches zu tun:
Reden, und sei es nur über das
Wetter.
Astrid Schatz, Integrationsbeauftragte der Gemeinde Gratwein-Straßengel
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