echtLife Dezember 2023

echt Life | Dezember 2023 | Seite 11 Lieber Gerald, bevor wir einen Rückblick auf 41 Jahre Kommunalpolitik machen: Erkläre bitte deine Arbeit als Regionalgeschäftsführer. Parallel zu den steirischen Gemeinden ist die SPÖ an der Basis in Ortsgruppen organisiert, die dann wieder in Bezirken zusammengefasst sind. Parallel zur Fusion mancher Gemeinden und politischen Bezirke legte auch die SPÖ Bezirksgruppen zusammen – etwa Graz Umgebung und Voitsberg. Diese Region, deren Geschäftsführer ich bin, betreut 315 SPÖ-Gemeinderäte bzw. 15 Ortsgruppen in Voitsberg und 36 in Graz Umgebung. Unsere Aufgaben sind vielfältig: Wir helfen bei der Koordination von Veranstaltungen, bieten Fortbildungen an, koordinieren Termine, sind Wahlzentrale und sorgen für den Austausch aller Kräfte untereinander. Als Geschäftsführer bin ich seit 2001 Angestellter der Partei, seit 2014 Geschäftsführer der fusionierten Region Graz-Umgebung/Voitsberg. Zur Kommunalpolitik: Wo siehst Du über 41 Jahre hinweg die größten Veränderungen? Wie in allen anderen Lebensbereichen auch hat die Digitalisierung viel verändert. Vieles geht schneller, ist praktischer geworden. Der Preis dafür ist, dass der persönliche Kontakt mit den Bürgern weniger wird – das gilt auch für die SPÖ und ihre Mitglieder. Ganz grundsätzlich hat sich aber die Politik verändert. Das hat im Großen begonnen und schlägt längst bis auf die Kommunen durch: Der Wettbewerb zwischen den Fraktionen hat sich verschärft und verlagert sich von der Debatte über unterschiedliche Ideen auf die Ebene der Selbstdarstellung, manchmal auch Verunglimpfung. Noch vor der Gemeindefusion sind in Gratwein nach einer Gemeinderatssitzung alle gemeinsam auf ein Bier geganRückzug aus der Kommunalpolitik Nach 41 Jahren in Parteifunktionen sowie als Bürgermeister, Vizebürgermeister, Gemeindekassier und Gemeinderat zog sich Gerald Murlasits, SPÖ für Kurzem aus der Kommunalpolitik zurück. Er bleibt weiterhin Regionalgeschäftsführer der SPÖ Graz-Umgebung/Voitsberg. gen, es haben sich überparteiliche Freundschaften entwickelt. Das gibt es in dieser Form leider nicht mehr. Wo ist die Ursache zu suchen? Der Trend zur Ich-Gesellschaft ist ja ein allgemeiner, der macht vor der Kommunalpolitik nicht halt. Ich hadere aber auch mit der sogenannten „Professionalisierung“ der politischen Kommunikation: Alle haben von Beratern und Spin-Doktoren gelernt, dass selbst der größte Unsinn hängen bleibt, wenn man ihn nur oft genug wiederholt. Politische Kommunikation funktioniert also eher wie klassische Werbung für Kekse und Limonaden. Auf diese Weise steht nicht mehr das gemeinsame Bestreben, sondern die Kritik im Vordergrund, Social Media verschärft das noch. Im Streit kann man sich persönlich leichter profilieren, in der Zusammenarbeit würde man im Interesse der Bürgerinnen und Bürger mehr weiterbringen.“ Doris Dirnberger hat am 25. Oktober das Bürgermeisteramt in GratweinStraßengel übernommen. Du kennst sie aus der Gemeindepolitik sehr gut, wie würdest Du sie einschätzen? Ihr größtes Plus ist ganz sicher, dass sie zutiefst sozial eingestellt ist und immer den Menschen im Mittelpunkt sieht. Das wissen die Bürgerinnen und Bürger auch alle. Ihre größte Herausforderung wird sein, sich möglichst rasch als Bürgermeisterin zu profilieren. Auch wenn vieles in unserer Gemeinde gut läuft und umgesetzt wurde, muss Doris ihren eigenen Weg gehen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen vor allem positive Veränderungen wahrnehmen. Es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen, nichts ändert sich und es geht gleich weiter. Versprechen, Vereinbarungen und Zusagen in welcher Art auch immer müssen unbedingt eigehalten werden. Schließlich sind die nächsten Gemeinderatswahlen März 2025 und lange davor beginnt der Wahlkampf. Aber niemand entschließt sich, ein Bürgermeisteramt zu übernehmen, der das nicht drauf hat. Wir von der Regionalorganisation werden Doris bestmöglich unterstützen. Andreas Braunendal Werbung

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