echtLife 1/2021

echt Life | März 2021 | Seite 37 Klient: „Zeit ist Geld, das hat auch mein Vater immer gesagt“. Schwarz: „An diesen Satz müssen Sie oft denken?“ Klient: „Immer. Zeit nicht zu nutzen, heißt sie zu verschwenden.“ Schwarz: „Zeit wofür?“ Klient: „Für die Firma oder zuhause – die Werkstatt entrümpeln, das Carport muss gestrichen werden, die Hecke schneiden, und, und, und … besser heute als morgen. Der Tag müsste 48 Stunden haben“. Schwarz: „Ganz schönes Programm!“ Klient: „Deswegen bin ich ja bei ihnen. Ich schaffe das alles nicht mehr.“ Schwarz: „Prioritäten setzen?“ Klient: „Das alles ist gleich wichtig.“ Schwarz: „Und gleich dringend?“ Klient: „In der Firma, ja. Und wenn ich einmal etwas Luft habe, kommt ein Kollege mit einer Sache, die mich eigentlich nichts angeht.“ Schwarz: „Eigentlich heißt?“. Klient: „Sollte er selbst machen, gehört nicht zu meinen Aufgaben. Aber ich lasse niemanden hängen.“ Schwarz: „Doch, das tun sie.“ Klient: „????????“ Schwarz: „Sich selbst lassen sie hängen, indem keine Zeit für sie bleibt.“ Formel 1, oder: Die Entdeckung der Langsamkeit Die erste kleine Pause. Bisher hat mein Klient durchgeredet, ist auf dem Sessel hin und her gerutscht, trommelt mit den Fingern auf die Lehne, redet wie er lebt - ohne Pause und mit ziemlichem Tempo. In- nerhalb der ersten Stunde hat er mich bei jedem zweiten Satz unter- brochen. Sein Thema kommt gut zum Vorschein. Sei schnell – das ist der innere Antreiber meines Klienten. Es gibt ja noch vier weitere: Sei stark, streng dich an, sei perfekt, mach es allen recht. Diese kommen aus unserer Kindheit, haben uns Anerkennung und Liebe eingebracht. „Wenn ich schnell bin, sind alle zufrieden.“ Oder der Antreiber dient dazu, etwas zu vermeiden, zum Beispiel Ausgren- zung. „Wenn ich zu langsam bin, werde ich nicht mehr akzeptiert.“ Sein Antreiber ist ja „eigentlich“ ok. Aber mein Klient wandelt schon Richtung Überlastung. Ständig in Bewegung und immer beschäftigt fühlt er sich als Motor, der die Dinge vorantreibt, am besten mehrere Dinge gleichzeitig. Gut fühlt er sich nur, wenn er auf Trab und überall dabei ist – er könnte ja etwas verpassen. Ein Glücksfall für jede Firma: Er bewältigt ein enormes Ar- beitspensum, bringt Dynamik in jede Gruppe, ist Multi-Tasker, flexi- bel und immer proaktiv. Ist er zumindest gewesen. Und jetzt? Macht immer öfter Fehler, wird immer ungeduldiger, verbreitet Hektik, ist mit dem Kopf immer irgendwo – nur nicht im Hier und Jetzt. Und er ist müde, ausgelaugt. Gut, was mach ma? Der erste Schritt ist die Erkenntnis, dass dieser Antreiber in ihm sitzt. Nix Chef, nix KollegInnen, nix Familie, er hetzt sich selbst. Wir beginnen an der Oberfläche: Priorisieren, Teilziele festlegen, keine zusätzlichen Arbeiten übernehmen, vor allem keine, für die er nicht zuständig ist. Zweiter Schritt: Entspannungsübung mit Sätzen, sogenannten Er- laubern, im Falle dieses Klienten: „Ich darf mir die Zeit geben, die ich brauche“, „Mein Arbeitsergebnis wird nicht besser, wenn ich hetze“, „Ich darf Pausen machen“. Ich gebe ihm Entspannungsmusik mit, damit er zuhause mit den Erlaubern übt. Das reicht oft schon, wenn die Schritte behutsam gemacht werden. In diesem Fall ist aber ein weiterer Schritt notwendig. Also gehen wir noch etwas in die Tiefe. Sein Vater war selbständig, daher dieses „Zeit ist Geld“. Um sich die Zuneigung seines Vaters zu sichern, hat mein Klient diesen Glaubenssatz übernommen. Den wollen wir nun leiser drehen. Mein Klient erstellt eine Liste, für welche Arbeiten weniger Tempo auch ausreicht. Er ist erstaunt, wie lange diese Liste wird. Um aber zu verhindern, dass er das Gefühl bekommt, zu wenig zu tun (also faul zu sein), sprechen wir über Möglichkeiten besserer Planung, also nicht gleich Vollgas irgendwo- hin („Ich weiß zwar nicht wo ich hinfahr, aber dafür bin ich umso schneller dort“ H. Qualtinger – Der Wilde), sondern Halbgas, aber mit Richtung und Zwischenzielen. Das führt bei weniger Aufwand meist zu gleich guten Resultaten. Während dieser Beratungsphase bitte ich meinen Klienten immer wieder, langsamer zu sprechen und mich nicht zu unterbrechen. Das bekommt er als „Hausübung“ mit – quasi distance learning. Nach vier Wochen Beratungspause sitzt er wieder bei mir. Kein stän- diger Blick mehr auf die Uhr, das Fingertrommeln ist fast weg und er unterbricht mich kaum noch. „Ich habe ihre Übungen angewendet, zuhause und in der Firma“, sagt er – ungewohnt langsam. Mag. Volker Schwarz (Beziehungs)Coaching für Einzelpersonen | Systembrettaufstellungen T: +43 680 / 322 11 33 I: www.volker-schwarz.at Wir machen Menschen wieder glücklich. 8101 Gratkorn, Grazer Straße 10 www.24h-pflegeprofi.at Tel: 0664/382 87 74 24-Stunden-Betreuung von Pflegeprofis ➜ Ihre regionale Pflegeagentur aus Gratkorn. ➜ Liebevolle 24-Stunden-Betreuung mit Herz und Verstand von ausgebildeten Betreuungskräften. ➜ Wir sind rund um die Uhr für Sie erreichbar. ➜ Keine Vermittlungsgebühr. ➜ Keine monatliche Provision. ➜ 100% transparent und fair. Werbung

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