echtLife Juni 2022
echt Life | Juni 2022 | Seite 33 90ern echt keine Probleme – außer, wenn die falsche Wurst im Jausenbrot war, oder das Schul-Buffet geschlossen hatte. Die fehlende Hausübung wurde im Bus oder in der Pause nachgeholt. Wir hatten einen ganz starken Zusammenhalt in der Klasse (Oberstufe) – gemeinsam gegen alle, auch wenn dann intern immer wieder die Fetzen geflogen sind. Wenn’s um oder gegen uns ging, da hatte man keine Chance. Da haben wir auch die Lehrer a bisserl zur Weißglut gebracht. Wir waren halt ein sehr spezieller, pubertierender Teenager-Haufen. Wann hast du denn eigentlich deine Affinität zum Sport- und zu Sportreportagen entdeckt? Zugegeben, ich war schon ziemlich plan- los in den Wochen vor der Matura. Wuss- te nicht so recht, wohin meine berufliche Reise gehen wird. Ich hatte das Glück über meinen Bruder (damals Antenne Steier- mark) für meine Fachbereichsarbeiten bei der Antenne ein wenig im Internet recher- chieren zu dürfen. Daraufhin habe ich alle Moderatoren und Redakteure kennenge- lernt, das Service-Telefon abgehoben und eben auch ein paar Audioaufnahmen ge- macht. Bei der Antenne habe ich nach dem Füh- rerschein, nach einem Ferialjob im Herbst 1999 mein Praktikum begonnen. Mein erster Job war dann auch gleich eine Scher- zumfrage für Gernot Kulis (jetzt Ö3 und Comedian) zu liefern. Da habe ich gemerkt, dass die Spaßschiene schon mal ganz gut geht. Ja, und nach dem Bundesheer ist es dann so richtig los gegangen. Mittlerweile vergeht fast keine Woche in der ich nicht auf irgendeiner Sportanlage beruflich Zeit verbringe. Ich sehe das schon irgendwie als Privileg ;-) und bin schon recht dank- bar dafür. Also mein Job ist definitiv sehr abwechslungsreich, manchmal sogar zu abwechslungsreich, da du fast jeden Tag beruflich was Neues erlebst und viele Din- ge erst ausbrechen oder nicht planbar sind. Danke an dieser Stelle an meine Frau und Tochter, dass sie mich da immer unterstüt- zen, auch wenn sie selbst genug um die Oh- ren haben. Aber jedes Familienfest, jeder Buschenschankbesuch etc. muss mit mei- nem Dienstplan zusammenpassen. Vieles im Sport passiert eben am Wochenende. Aber ich brenne nach wie vor für meinen Beruf. Und wenn das Mikro an, die Kamera auf mich gerichtet ist, oder die letzten Tak- te vor dem Radio Live-Einstieg erklingen, dann bin ich stets „on fire“ und freue mich loslegen zu dürfen! Hast du als Sportreporter Vorbilder bzw. was ist deine größte Motivation? In den 80ern und 90ern gab’s noch keine Live-Ticker, kein Streaming, etc. Heute wird täglich fast 24 Stunden Live-Sport ge- sendet. Irgendwo auf der Welt fliegen im- mer Bälle durch die Luft. Damals habe ich viel Radio gehört, die Ö3-Sendung „Sport und Musik“ war immer ein Highlight. Die Reporter in den Stadien habe ich bewun- dert, beneidet irgendwie; so ist wohl auch meine spätere Liebe zum Radio (wo ich ja beruflich begonnen habe) geweckt wor- den. Wobei, auch als Kind habe ich schon zu Hause Radio-Moderator gespielt, Stim- men imitiert, Lieder anmoderiert und so ein paar Kassetten aufgenommen. Ja und Sport hat mich schon immer interessiert und gepackt. Selbst habe ich alles Mögliche ausprobiert, aber nix perfektioniert. Mei- ne Fußballkarriere im Verein hat vor der Anmeldung geendet, da ich mir meinen Oberarm angebrochen hatte. Dafür hab‘ ich dann Tischtennis im Verein gespielt. Und mein Taschengeld mit meinen Kumpels jedes zweite Wochenende dem SK Sturm gewidmet. Als einmal der Mäher defekt war haben wir für eine Freikarte das Gras gerecht. War das ein Highlight, auf dem heiligen Rasen der legendären Gruabn zu stehen. Später war’s dann die Anfield Road in Liverpool. Ich muss sagen, da ist schon eine Art Traum wahr geworden. Vorbilder an sich gibt’s nicht wirklich, denn jeder Sportreporter sollte auf seine Art und Wei- se einzigartig sein, seinen eigenen Stil ha- ben. Wobei so Legenden wie Heinz Prüller, Robert Seeger oder Sigi Bergmann, die sind unantastbar. Aber die Zeiten haben sich ge- ändert, auch das ganze Drumherum, das Arbeitsumfeld, die Technik, die Medien an sich und das Konsumverhalten der Men- schen. Aber für mich ist nichts besser als Live von Events berichten zu dürfen! Zum Abschluss würde mich und wohl auch unsere LerserInnen interessieren, an welche Highlights du dich in deinem Berufsleben am liebsten erinnerst: Da gab es viele: Cocktailtomaten essen mit Meat Loaf während des Interviews. Joe Co- cker, der dir gleich vor dem Interview die Angst nimmt, indem er wie ein Großvater einfach gemütlich ein Gespräch beginnt und über sein Leben berichtet. Eine er- haltene Bierdusche von Verteidiger Ferdi- nand Feldhofer (jetzt Rapid Trainer) nach Sturms Meistertitel (ich hatte schon so was geahnt und habe eine zweite Garnitur mit- genommen), bei der anschließenden inter- nen Meisterfeier in einem Lokal hat uns dann Bomber Mario Haas reingelassen. Sportlich gab’s viele unvergessliche Mo- mente: Da wäre zum Beispiel Österreichs erste Goldmedaille bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang Korea, damals war ich bei den Rodlern stationiert und durf- te bei zapfigen minus 25 Grad bei Rodler David Gleirschers Gold im Einsitzer dabei sein. Das erste Interview führen. Live – es war kalt und ich so geflasht und bewegt. Da habe ich meinen ersten Satz nicht über die Lippen gebracht. So wurde aus dem Olym- piasieger im Einsitzer der Olympiasitzer im Ein … aber es war eben live echt und mit einem Schmunzler. Genau so wie ich eben bin – expect the unexpected – und jeder Tag hat da oft viel zu bieten! Und wunderschön sind auch die vielen unter- schiedlichen Begegnungen mit den ver- schiedensten Menschen. Am liebsten auf Augenhöhe. Unabhängig von Alter, Haut- farbe, Beruf, Titel, … respektvoll … und ich glaube, das ist eine Stärke von mir … ich rede gerne mit Menschen. Bei der For- mel 1 in Spielberg habe ich vor Jahren eine Runde kennengelernt, mit denen ich noch immer in Kontakt bin. Da kann’s nach Dienstschluss am Ring schon vorkommen, dass mich die Runde zum Grillabend ein- lädt. Nur zu Hause genieße ich oft die Stille und brauche, wenn ich frei habe, viel Zeit um auf Touren zu kommen. Aber kaum gibst du mir ein Mikro in die Hand – dann öffnet sich die Klappe HAHAHA …
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