echtLife November 2022

Seite 12 | November 2022 | echt Life Bäcker: besser STREBEN als STERBEN EchtLife: Herr Pfleger, wie stark wirken sich die steigenden Energiekosten auf Ihren Betrieb aus? Franz Pfleger: Wenn die Prognosen der Wirtschaftskammer für die Energiepreise ab 1.1.2023 stimmen, müssen wir mit 100.000 Euro an jährlichen Mehrkosten rechnen – obwohl wir voriges Jahr in eine Photovoltaikanlage investierten, die 30 % des Verbrauchs abfängt. Wenn man dann weitere Kostensteigerungen von den Personalkosten bis zum Wareneinkauf kalkuliert, wird es tatsächlich schwierig. Wir sind durch die Inflation aber doppelt betroffen, denn neben Energie und Personal stiegen auch die Rohstoffe. Unser Fokus liegt daher auf dem Cash Flow, um die Liquidität stabil zu halten. Wir beraten uns mit allen Abteilungen wie wir Arbeitsprozesse optimieren und Energiekosten gering halten können. Bäckermeister Franz Pfleger EchtLife: Welche Rolle spielen die Personalkosten? Franz Pfleger: Wir beschäftigen in unserer Bäckerei rund 50 Mitarbeiter. Wir wenden 50 % unserer Einnahmen für das Personal auf, in der Industrie sind es nur 20%. Die Gehaltserhöhungen, die angesichts der Inflationsrate selbstverständlich nötig sind, treffen uns also stärker als die schärfste Konkurrenz, die Erzeuger von Billigware. EchtLife: Welche Möglichkeiten haben Sie, um gegenzusteuern? Franz Pfleger: Wir müssen einfach alle Potenziale nutzen, die wir haben. Die eine Seite sind Preiserhöhungen, aber wir müssen aufpassen, dass unsere Kunden nicht auf die Billigprodukte der Supermärkte umsteigen. Wir müssen also gleichzeitig unsere hohe handwerkliche Qualität weiter verbessern, damit für den Kunden bei höheren Preisen auch ein mit Abstand besseres Produkt herauskommt. Das erreichen wir etwa durch die weitere Stärkung der Regionalität. So machen wir Milchbrote mit Semriacher Rohmilch, kaufen den Roggen bei Bauern im Almenund Schöckelland und den Dinkel in Tullwitz. Diese regionalen Netzwerke sind die eigentliche Stärke der kleinen Ortsbäckereien: Wir können zu jedem Produkt wahrhaftige Geschichte erzählen, vom regionalen Brauchtum bis zu den regionalen Zutaten. EchtLife: Viele Kunden kaufen praktisch alle Lebensmittel in Supermärkten. Warum nicht auch das Brot? Franz Pfleger: Wenn wir Ortsbäcker aufgeben müssten, ginge sehr viel an Kultur, Handwerk und Ernährungsqualität verloWer Brot bäckt, braucht viel Energie. Wenn die Energie wesentlich teurer wird, was macht man als Bäcker dann? Wie ernst ist es mit dem Bäckersterben? Das fragten wir den Semriacher Bäckermeister Franz Pfleger.

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