echtLife November 2022

Seite 6 | November 2022 | echt Life Nachhaltige Papiererzeugung - geht das? Rund 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der SAPPI Gratkorn beschäftigt, rund 20.000 Haushalte werden in Gratkorn, Gratwein-Straßengel und Graz mit Fernwärme aus industrieller Abwärme beliefert. Im Frühjahr ließ ein mit den hohen Gaspreisen begründeter Produktionsstopp einer Papierfabrik in Bruck/Mur bei der Belegschaft ebenso wie bei den Fernwärmekunden die Alarmglocken schrillen. EchtLife: Die steirische Industrie ist bei der Umstellung auf erneuerbare Energien durchaus ein Vorreiter. Allerdings brauchen diese Umstellungen von der Planung bis zur Realisierung mehrere Jahre. Auf welchemWeg ist die SAPPI in Gratkorn? Max Oberhumer: Vor drei Jahren hatten wir aus Umweltschutzgründen beschlossen, aus der Kohle auszusteigen und ein Projekt entwickelt, dass den Umstieg mittelfristig auf Gas und Biomasse ermöglicht. Seit heuer können wir eine Mischung aus Gas und Biomasse einsetzen. Das hilft uns in der momentanen Situation natürlich. Als Betrieb, der rund um die Uhr produziert, können wir uns nur auf Energiequellen stützen, die ebenfalls rund um die Uhr zuverlässig verfügbar sind. Sonne und Wind als Energielieferanten sind zwar im Gesamtsystem gut, eignen sich aber nicht für uns. EchtLife: Was genau ist mit dem Einsatz von Biomasse gemeint? Max Oberhumer: Für die Zellstoffproduktion kaufen wir viel Holz ein. Damit verfügen wir über die Strukturen, auch Holz als Biobrennstoff einzukaufen. Das war die Grundlage für die Investition in den Umbau des Kohlekessels. Das Ziel ist, in Zukunft mittelfristig überwiegend oder zur Gänze Biobrennstoffe einsetzen. Auf diesem Weg sind wir. EchtLife: Wie hoch ist aktuell der Gasverbrauch im Unternehmen? Max Oberhumer: Im letzten Jahr, in dem wir überwiegend mit Gas Strom und Wärme erzeugt haben, waren es rund 1,5 TWh. Dieses Volumen können wir jetzt schon zu 25 bis 30 % mit Biomasse ersetzen. Wichtig ist allerdings, dass man die Biomasse auch bekommt. Die benötigte Menge ist nicht in einem kleinen Lieferradius verfügbar, da müssen wir in ganz Mitteleuropa einkaufen. EchtLife: Wird Biomasse auf Dauer nicht auch ein knappes Gut? Je mehr Industriebetriebe auf Biomasse setzen, desto größer die Nachfrage, desto knapper der Markt … Max Oberhumer: Da haben Sie recht, die Biomasse ist ja limitiert. Die Rechnung ist letztendlich einfach: Man kann nur so viel ernten wie auch nachwächst, um den Kreislauf aufrecht zu erhalten. Deswegen können wir auch nicht alle fossilen Brennstoffe auf Biomasse umstellen. Mit der stärkeren Nachfrage erhöhen sich auch die Preise. Deshalb streben wir diese Dualität mit Gas und Biobrennstoffen an, um auf die jeweilige Marktlage betriebswirtschaftlich reagieren zu können. EchtLife: Neben der Umstellung der Energieträger weg von Gas und Öl – welche Rolle spielt das Energiesparen? Max Oberhumer: Energieintensive Industriebetriebe wie wir haben das Energiesparen seit Jahrzehnten im Fokus. Wir optimieren unsere Prozesse laufend, sodass wir jedes Jahr Verbesserungen bilanzieren können. Da die großen Schritte längst gesetzt wurden, gibt es keine großen Potenziale mehr. Man entwickelt jedes Jahr neue Ideen, aber die Verbesserungen spielen sich in Größenordnungen von einem Prozent pro Jahr ab. DI Dr. Max Oberhumer, Geschäftsführer der SAPPI und Obmann der Sparte Industrie in der WK Steiermark, im Gespräch

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