echt Life | März 2023 | Seite 11 Herr Konrad, angeblich ist das Amt des Bürgermeisters ein sehr undankbarer Job. Warum tun Sie sich das an? JK: Bis jetzt kann ich nichts Undankbares daran finden. Jedenfalls war es nicht mein Lebensplan, Bürgermeister zu werden. Die Nähe zur Lokalpolitik ist familiär bedingt, mein Vater war ja lange Amtsleiter in Judendorf-Straßengel, damit war die Politik für mich immer schon ein wichtiges Gesprächsthema in der Familie. Mit diesem Interesse führte mein Weg auch in den Gemeinderat. Beruflich war ich lange als Bauleiter bei namhaften Baufirmen tätig – ein sehr stressiger Job, den ich 2019 der Familie zuliebe gegen die Gemeindeverwaltung in Gratwein-Straßengel eingetauscht hatte. Und der Weg ins Bürgermeisteramt? JK: St. Oswald bei Plankenwarth ist mit knapp 1.300 Einwohnern klein, der Gemeinderat besteht aus 15 Mitgliedern, nach der letzten Gemeinderatswahl sind zehn davon aus der SPÖ. Wenn wir in der Fraktion über die Zukunft philosophierten, war ich zwar eine Option, aber keiner hatte gedacht, dass diese Zukunft so abrupt beginnen würde. Jedenfalls war ich dann plötzlich der logische Nachfolger und ich wurde einstimmig gewählt. Es gab schnell erste Kritik: Man unterstellte eine Unvereinbarkeit zwischen dem Bürgermeisteramt in St. Oswald und der Tätigkeit in Gratwein-Straßengel. JK: Ja, das wurde versucht, verebbte ebenso schnell. Alle Nachfragen ergaben, dass diese Doppelfunktion rechtlich keine Unvereinbarkeit darstellt und auch gar nicht so selten ist. Praktisch gesehen sehe ich das sogar aus Vorteil, gerade zu Beginn. Ich weiß, wie Gemeinen funktionieren und habe viele Erfahrungen längst gemacht. Andreas Staude war Vollzeitbürgermeister, Sie üben das Amt in Teilzeit aus. Geht sich das aus? JK: In kleineren Gemeinden ist das üblich, auch Andreas Staude war lange nur in Teilzeit als Bürgermeister tätig. Natürlich Bgm. Jürgen Konrad im Gespräch Jürgen Konrad folgte im September 2022 dem unerwartet aus dem Leben geschiedenen Andreas Staude als SPÖ-Bürgermeister in St. Oswald bei Plankenwarth. Als stellvertretender Amtsleiter in Gratwein-Straßengel bringt der 40-jährige viel Erfahrung mit dem Funktionieren von Gemeindestuben mit, als Politiker ist er aber dennoch ein Newcomer. bin ich nicht ständig persönlich in der Gemeinde anzutreffen, aber ich habe meine Sprechstunden, bin telefonisch gut erreichbar und für dringende Termine stehe ich sehr zeitnah zur Verfügung. Welche Projekte stehen in St. Oswald bei Plankenwarth an? JK: Viele große Projekte wie der Neubau des Gemeindeamts, der Kindergarten, ein Nahversorger wurden noch unter Andreas Staude realisiert, wir stehen also gut da. Aktuell entsteht ein neues Vereinsheim, das bis Herbst fertig sein wird. Unser Ort hat ein sehr ausgeprägtes Vereinsleben und der neue Treffpunkt wird das sicher noch verstärken. St. Oswald gehört zum Grazer Umland. Spüren Sie klassische Problemstellungen wie Zuzug ins Grüne einerseits und Abwanderung der Jugend andererseits? JK: Natürlich gibt es diese Tendenzen, aber nicht so ausgeprägt, dass es Sorgen bereiten würde. Aktuell ist ein Projekt mit Startwohnungen für Jugendliche in der Pipeline, aber alle Projekte sollen doch so dimensioniert sein, dass sie zur Gemeinde passen. Wie sieht es im Ort mit der Gesundheitsversorgung aus? JK: Wir haben mit Dr. Peter Kobierski einen wunderbaren Hausarzt im Ort, ein Defizit gibt es bei Fachärzten, aber die bräuchten wir in der Region, sofern es nicht in unserem Ort ist. Das liegt aber nicht in der Entscheidungskompetenz der Gemeinden, da sind andere gefordert. Voraussichtlich im Frühjahr 2025 sind die nächsten und als Bürgermeister ihre ersten Gemeinderatswahlen … JK: Da freue ich mich darauf, als Idealist, der ich bin, empfinde ich das als spannend und reizvoll. Natürlich wird der Wahlkampf die gute Zusammenarbeit, die wir im Gemeinderat haben, ein wenig auf die Probe stellen. Aber solange der Wahlkampf über der Gürtellinie bleibt, kann ich da sicher gut umgehen damit. Andreas Braunendal Werbung
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