Seite 12 | März 2023 | echt Life Einfache Antworten sind selten richtig Die Gratwein-Straßengler Lokalpolitik ist geprägt vom Streit zwischen der Bürgermeisterpartei SPÖ und der vereinigten Opposition, bestehend aus ÖVP, FPÖ und Bürgerliste. Wenig präsent dabei sind die Grünen als kleiner Koalitionspartner. Eher nebenbei gab es oppositionelle Schelte dafür, auf der einen Seite gegen jede Bodenversiegelung zu wettern, auf der anderen Seite aber den behaupteten Versiegelungskurs der SPÖ mitzutragen. Echtlife sprach mit Vbgm.in Johanna Tentschert. Liebe Johanna, Österreich ist Europameister in der Flächenversiegelung mit 13 ha / Tag, die Steiermark ist Österreichmeister und in der Steiermark führt der Bezirk GU. Woran liegt das eigentlich? JT: Grundlegendes Problem ist das Raumordnungsgesetz in der Steiermark, welches das Zubetonieren zu einfach macht. Jetzt gab es zwar eine Novelle zu diesem Gesetz, die leider ohne die Mitarbeit der problembewussten Raumplaner:innen zustande kam. Aus meiner Sicht wollen sich die Regierungsparteien in der Steiermark an dieser Frage einfach nicht die Finger verbrennen und Regeln gegen die eigene Klientel aus der Wirt- und Landwirtschaft fixieren. So bleibt wieder alles an den Bürgermeister:innen hängen, die es auch nicht leicht haben. Sie wollen ja auch Standorte entwickeln und neue Arbeitsplätze ermöglichen, um beispielsweise das eigene Kommunalsteueraufkommen zu erhöhen. Eigentlich bräuchte es interkommunale Lösungen und Gemeinden sollen Grünflächen aktiv schützen und nicht benötigtes Bauland rückgängig machen können. Die Bevölkerung fühlt sich von grüner Politik immer wieder eingeengt und freiheitsberaubt. Beim Thema Bodenversiegelung stehen die Einfamilienhäuser im Fokus: Die Grünen halten sie für ein veraltetes Wohnkonzept, die Menschen wollen sich aber das Recht aufs Einfamilienhaus nicht nehmen lassen. JT: So beschreibt das jedenfalls die FPÖ. Wenn wir sagen, dass sich das Bauen von allein stehenden Häusern aufhört, hat das nur mit Realismus zu tun: Wenn wir auf Grundstückspreise und Baukosten schauen, kann sich das nur mehr eine kleine, wohlhabende Minderheit leisten. Wir sind nur dagegen, dass man mit kleinen, neu gewidmeten Baugründen die Ortsgrenzen immer weiter hinausschiebt, da können sich dann die Gemeinden die Errichtung und Erhaltung der Infrastruktur nicht mehr leisten. Wir sind für eine gezielte Innenentwicklung und absolute Siedlungsgrenzen. Außerdem wird in den nächsten Jahren eine sinkende Zahl an Erben immer mehr Einfamilienhäuser erben: Die werden dann lukrativ an Bauträger verkauft, die jeden Quadratzentimeter für Wohnungsbau nutzen. Wir müssen also frühzeitig reagieren und jetzt mit neuen Wohnformen vorbauen. Mit Mehrgenerationen- und Mehrfamilienhäusern beispielsweise, auch um möglichen Leerstand zu vermeiden. Die Akzeptanz für Neues braucht natürlich immer Zeit, aber wir leben in Transformationszeiten, das müssen wir als Chance nutzen. Auch das allein stehende Haus ist nach wie vor ein Thema, es kommt aber darauf an WO es steht, und auf bestehendem Bauland hat natürlich jeder das Recht zu bauen. Zu den einzelnen Projekten: Wie stehen die Grünen zur Bebauung der Huberwiese? JT: Wäre die gesamte Fläche Grünland, wären wir gegen eine Verbauung. Aber so ist es nicht: Ein Drittel ist Aufschließungsgebiet und wird auf alle Fälle bebaut. Das kann man jetzt entweder zuklotzen oder den Wohnbau in die Mitte einer größeren Fläche stellen und mit viel Grün einfassen. Schlagzeilen zu produzieren und die Details zu ignorieren ist immer der einfachere Weg, aber zu intelligenten Lösungen führt das nicht. Was ist mit der „Stiftswiese“ und dem geplanten Demenzzentrum? JT: Da setzen wir nicht erst bei der Bebauung, sondern viel früher an. Wir wollen einen steiermarkweiten Masterplan für die Versorgung mit Pflegeeinrichtungen, Demenzzentren etc. Erst wenn dieser Plan feststellt, dass in unserer Region ein Demenzzentrum sinnvoll wäre, können wir über Bauflächen reden. Außerdem habe ich ein Problem damit, dass mit der Versorgung Pflegebedürftiger private Investoren reich werden. Meiner Meinung nach müsste das von der öffentlichen Hand geleistet werden. Das letzte Projekt auf der grünen Wiese ist der Technologiepark … JT: Es gibt noch keinerlei Beschlüsse zu einem möglichen Projekt am Murfeld. Wir haben nur nichts dagegen, sich ein solches Projekt einmal anzuschauen. Innovationen sind gut und wichtig. Erst die Grundlagenanalyse wird nun zeigen, ob es Sinn macht hier weiterzudenken. Ich sehe in unserer Gemeinde aktuell auch keine alternativen Flächen, sinnvoll wäre aber sicher eine regionale Standortsuche, wenn mehrere Gemeinden und auch die Stadt Graz als Partner gleichermaßen davon profitieren. Falls es eine politische 2/3 Mehrheit für diesen Standort geben sollte, dann aus unserer Sicht jedenfalls nur dann, wenn dafür andere Flächen gesichert werden. Wie stehst Du zum Dauerkonflikt, den die Opposition in Gratwein-Straßengel schürt? JT: Für mich ist das völlig unverständlich. Alle zusammen investieren sehr viel Zeit um Parallelstrukturen aufzubauen statt aktiv in der Gemeinde mitzuarbeiten. Dabei wäre es doch der Sinn von Gemeindepolitik, gemeinsam gute Lösungen zu suchen. Vbgm.in Johanna Tentscher (l.) mit Labg. Sandra Krautwaschl Andreas Braunendal
RkJQdWJsaXNoZXIy MTgyNzE1Ng==