echtLife April 2023

Seite 38 | März 2023 | echt Life Freilichtmuseum „mit ohne Strom!“ Nein, das ist keine Unglückmeldung, sondern das Motto der diesjährigen Jahresausstellung. Denn während die Gefahr eines Blackouts als Bedrohungsszenario durch die Lande wabert, ist ein Leben ohne Elektrizität in Stübing quasi der Alltag im „Leben wie damals“. Saisonstart ist im Freilichtmuseum wie gewohnt Ostern. Dann folgt bis in den November ein Reigen an Ausstellungen, Veranstaltungen, Handwerkskurzen und Erlebniswochen, der dafür sorgt, dass das Museum lebendig bleibt und zu immer neuen Eindrücken einlädt. Der offizielle Start der Jahresausstellung „Mit ohne Strom – Leben wie damals“ ist Sonntag, der 14. Mai 2023. Wie das Leben ohne Elektrizität gelang, lässt sich anhand einzelner Häuser erzählen. Das ist übrigens gar nicht so lange her – so wurde etwa das Strom erzeugende Kraftwerk Peggau erst 1908 in Betrieb genommen. Beispielhaftes Im Rahmen der Jahresausstellung findet man viele Hinweise auf das Leben „mit ohne Strom“. Die besten Beispiele und Gelegenheiten zum Ausprobieren gibt es selbstverständlich bei den Führungen. Manches davon ließe sich auch in unserer elektrifizierten Welt nach wie vor umsetzen! Kommunikation ohne Handy Der tägliche Tratsch wurde nicht per Twitter & Co, sondern in der Greisslerei, im Wirtshaus und sonntags nach der Messe ausgetauscht. Da war sogar der Pfarrer im Rahmen der Predigt aktiv beteiligt. Für schnelle und dringende Warnungen standen Kirchenglocken, Greitfeuer und Jodler zur Verfügung. Wer die eigenen Kinder nur schwer an den Mittagstisch bringt, könnte über die Anschaffung einer Essensklapper nachdenken. Unterhaltung ohne Konsolen & TV Im Haus wurden Geschichten erzählt und gemeinsam musiziert. Karten-, Kegel- und viele andere Gesellschaftsspiele standen zur Verfügung. Essen ohne Kühlschrank Um insbesondere Obst und Gemüse haltbar zu machen, gibt es viele Techniken, die langsam wieder in Mode kommen: Dörren, Fermentieren und Räuchern zählen dazu, aber auch das Wissen, wie man z. B. in Lehmkellern Lebensmittel lagern kann. Ohne Strom funktionierten auch die Greißlereien dank der rein mechanischen Waagen und Kassen! Hell und Dunkel Nach Sonnenuntergang entwickelte die Dunkelheit eigene Qualitäten: Unheimliche Geschichten und heute absonderlich anmutende Formen des Aberglaubens wären wohl nie entstanden, hätte es Lichtschalter schon immer gegeben. Der Hell-Dunkel-Rhythmus verlängerte und verkürzte die Dauer der Tagesarbeitszeiten je nach der Jahreszeit. Beleuchtung Gerade der ländliche Raum war lange ohne Stromversorgung. Was künstliches Licht gab, waren erst der Kienspan und ab 1860 die Petroleumlampen. Selbst Kerzen waren ein Luxusgut. Da blieb oft nur das Funzellicht, um im Dunkeln zum Abort zu finden: kleine, ölgefüllte Becher mit einem Schwimmer und einem winzigen Docht – kaum hell genug, um den Weg zu erahnen. Früher war alles so romantisch! Die Idee des „Lebens wie früher“, Kochen am offenen Feuer, Kerzenlicht, das Klappern der Mühle am rauschenden Bach scheint idyllisch. Als Museum, das der wissenschaftlichen Aufarbeitung der ländlichen Geschichte verpflichtet ist, verweist das Team in Stübing bei seinen Führungen aber auch immer wieder auf die realen Bedingungen: etwa auf den Gestank des Misthaufens und die Fliegen direkt bei den Höfen. Dazu gab es die Brandgefahr der offenen Feuerstellen, die Gesundheitsgefährdung durch den Mangel an Hygiene und Medikamenten und vieles mehr. Andreas Braunendal Fotos: © ÖFM

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