Jegg Life plus Mai 2014 - page 5

JEGG-Life plus 2014
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Interview
Jegg Life: Das Unternehmen Tieber hat
vor kurzem bei der Bezirkshauptmann-
schaft die Unterlagen zur Bewilligung ei-
nes Steinbruchs im Stübingtal eingereicht.
Die Bevölkerung läuft Sturm und die Ge-
meinderäte von Großstübing und Deutsch-
feistritz – ab 2015 eine zusammengelegte
Gemeinde – haben sich jeweils einstimmig
gegen das Projekt ausgesprochen. Ist der
Steinbruch damit vom Tisch?
Bgm. Viertler:
Leider nein, denn diese Be-
schlüsse haben rechtlich gesehen wenig Wir-
kung. Deutschfeistritz hat gar keine Partei-
enstellung, auch Großstübing nur eine sehr
eingeschränkte.
Jegg Life: Sie sind doch selbst Unterneh-
mer. Was stört Sie daran, dass Tieber in
einen neuen Steinbruch investiert? Es ist
doch schön, wenn sich ein Unternehmen
weiter entwickelt und neue Arbeitsplätze
schafft.
Bgm. Viertler:
Natürlich muss man die
Wirtschaft fördern, aber nicht um jeden
Preis.
Großstübing: Kampf
gegen den Steinbruch!
Wirtschaft ja, aber nicht um jeden Preis.
Mit breiter Unterstützung durch die betroffenen Gemeinden wehrt sich die Bevölkerung energisch
gegen ein Steinbruchprojekt im Stübingtal. Wir sprachen mit Bürgermeister Michael Viertler.
Jegg Life: Was wäre der Preis?
Bgm. Viertler:
Das Stübingtal hat Perspek-
tiven für die Zukunft. Diese müssen aber
im Detail ausgearbeitet werden. Alle Ideen
drehen sich in irgendeiner Form um eine
intakte Naturlandschaft, die es behutsam
zu entwickeln gilt. Mit dem Steinbruch, der
selbst nur zwei bis drei Arbeitsplätze bringt,
braucht man über diese Möglichkeiten gar
nicht mehr nachzudenken.
Jegg Life: Sind auch konkrete
Belastungen zu erwarten?
Bgm. Viertler:
Natürlich, daher ist ja auch
der Widerstand in der Bevölkerung so groß.
Ein Steinbruch bedeutet LKW-Verkehr und
Staubbelastung. Direkt betroffen sind rund
1.000 Bewohner in Groß- und Kleinstübing,
der Staub zieht aber weiter bis nach Graz und
leistet einen Beitrag zur Feinstaubbelastung.
Auch eine Beeinträchtigung des Grund-
wassers, das ja die Brunnen in Friesach mit
speist, ist noch nicht ausgeschlossen.
Jegg Life: Warum gibt es keine Umweltver-
träglichkeitsprüfung?
Bgm. Viertler:
Das Ansuchen betrifft ein
Areal unter 5 ha und liegt damit unter der
Grenze, ab der eine UVP vorgesehen ist.
Deshalb verlange ich als Bürgermeister
die volle politische Unterstützung und die
der Verwaltung, um dieses Projekt zu ver-
hindern.
Jegg Life: Sie haben eingangs gesagt, dass
die Ablehnung durch die Gemeinderäte
rechtlich gesehen nicht viel bringt. Welche
Schritte können Sie noch setzen?
Bgm. Viertler:
Wir versuchen zwei Wege.
Erstens haben wir die Grazer Anwaltskanz-
lei Herzog & Eisenberger beauftragt, weitere
rechtliche Möglichkeiten zu prüfen, und da
scheinen sich Möglichkeiten herauszukris-
tallisieren.
Jegg Life: Und was wäre der zweite Weg?
Bgm. Viertler:
Natürlich stehen wir, die bei-
den Gemeinden Großstübing und Deutsch-
feistritz, mit der Initiative Pro Stübingtal hin-
ter der Bevölkerung. Wenn es notwendig ist,
für unser Anliegen auf die Straße zu gehen,
dann werden wir das auch tun. Interessier-
te können sich auf
informieren und sich unseren Aktivitäten
anschließen.
Jegg Life: Welche Optionen sehen Sie ei-
gentlich für die Zukunft des Stübingtals?
Bgm. Viertler:
Nicht nur ich, sondern viele
andere sind dabei, Ideen auszuarbeiten. Das
Stübingtal ist als eines von wenigen Tälern
frei von Schnellstraßen und Autobahnen.
Betrachtet man das Stübingtal, das Freilicht-
museum und das Stift Rein, sieht man, dass
diese drei Themen nicht nur geographisch,
sondern auch thematisch – Stichworte Ent-
schleunigung und Bewahrung von Traditi-
onen – zusammenhängen und im Idealfall
gemeinsam entwickelt werden könnten.
Jegg Life: Herr Bürgermeister, wir danken
für das Gespräch!
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