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Seite 54 | September 2017 |
echt L i fe
Freilich kann man sagen: ja damals, da war
im Radsport alles noch nicht so hochgezüch-
tet, da war das Siegen noch viel leichter, die
Konkurrenz noch kleiner und das Geld, das
heute im Spiel ist, kaum der Rede wert. Ergo
dessen war auch Doping (noch) kein Thema.
In den Jahren 1958 bis 1976, als der Steirer
Kurt Schattelbauer die Sprints in Serie ge-
wann, war der Sport noch vorrangig. Für sei-
nen Sieg beim 240-km-Klassiker Bratislava–
Graz war sein Preis ein TV-Gerät. Bei seinem
letzten Kriterium-Sieg in Graz, Mitte der 70er
Jahre, bekam er stolze 1.000,– Schilling.
Küsschen von Miss Canada
So „armselig“ sich diese Giganten der Land-
straße im Vergleich zu den heutigen Profis
ausnehmen, so zufrieden waren sie. Und,
wie der heute 77-jährige Kurt Schattelbauer,
der alles gewonnen hat, was es für Sprinter
zu gewinnen gab, stolz auf seine Trophä-
en. Die wichtigsten davon kann man in drei
Glasschränken besichtigen, den Rest hat er
im Keller. Mit dem Pokal vom legendären
Etappensieg bei der Canada-Rundfahrt 1964
geht viel Freude einher. „Transparente hin-
gen am Eingang des Zielortes nach 137 Mi-
les, wir sprinteten los; es war aber noch nicht
die Ziellinie. Ich „überriss“ es am schnellsten,
zog den Sprint weiter und gewann einen Ki-
lometer später solo“. Und: „Unter dem Jubel
von 30.000 (!) Zusehern bekam ich das Sie-
ger-Küsschen von der Miss Canada …“ Sein
sportlicher Stolz von damals: die persönliche
Gratulation vom geschlagenen Olympiasieger
Viktor Kapitanov.
19 Jahre: 362 Siege!
Es stimmt schon: es war einmal.
Geschafft hat das bisher aber kein Zweiter im Land: in 19 Jahren mehr als
400.000 Rennkilometer im Radsattel sitzen – ein Wahnsinniger.
Oder eben Kurt Schattelbauer, die bislang unerreichte Sprintrakete.
jedem Zielsprint vorkommen. Wenn man auf
60 km/h und mehr beschleunigt, sind Füße,
Hände und das ganze Rad in Bewegung. Das
ist nichts für Weicheier – da musst du dich
durchsetzen können …“ Was ihm bis heute
als Lebensprinzip eines starken Mannes blieb.
Unglaubliches TdF-Urteil
Zielsprint und Ranglereien – damals wie heu-
te ein heikles Thema im Radsport. „Schat-
ti“ erinnert sich an eine erste Etappe der
Ö-Rundfahrt von Wien nach Linz. „Irgend-
wie kam es zu einer Berührung mit einem
Holländer. Ich gewann und war im „Gelben“.
Die Jury setzte mich jedoch zurück auf Platz
zwei, obwohl der Fotobeweis zeigte, dass der
Holländer mich hielt. Begründung, wie sie
heute nimmer möglich wäre: Sonst fahren die
Holländer gleich wieder heim …“
Ähnliches gab es heuer auch bei der Tour de
France (TdF), als Marc Carvendish nach ei-
nem Gerangel mit Doppelweltmeister Peter
Sagan zu Sturz kam. Sagan wurde im Gegen-
satz zu Schattelbauer damals von der TdF aus-
geschlossen. Schatti: „Das sind Profis, da wird
beinhart gefahren. Einen Sturz verursachen,
das macht absichtlich keiner. Für mich war
das Urteil unglaublich. Wenn schon: Rückver-
setzung auf den letzten Etappenplatz wäre bei
so einer hochkarätigen Tour Strafe genug.“
Dann bin ich die Farah Diba
Der Vergleich damals zu heute. Heute sind
die guten Profis teils Millionäre. „Zu meiner
Zeit sind wir mit dem VW-Bus nach Rom
oder Paris zu den Rennen gefahren. Wenn
Jetzt hat also auch in der Steiermark die
Schule wieder begonnen. Samt neuem
Unterrichtsgesetz für eine verpflichtende
Turnstunde täglich. Natürlich auch mit
vielen neuen Erst-Klasslern – nicht wenige
davon haben einen Migrationshintergrund,
sprechen also wenig bis kaum Deutsch. Für
viele von ihnen bin ich als Native-Speaker in
Englisch eine willkommene Ansprech-Part-
nerin. Englisch ist nun einmal die häufigste
Weltsprache, die auch von Migranten am
ehesten verstanden wird.
Wie diese verpflichtende Stunde gelingen
wird? Im „Bewegungsland Steiermark“ will
man das mit kolportierten 12 Sportlehrern
schaffen. „Let´s see“, sage ich, wenn ich höre,
dass in manchen Schulen einfach nur die
Hofpause verlängert werden soll. In Gratwein
gibt es 2 Stunden für Musik, aber keine für
Sport. In Semriach etwa ist der Schulhof fast
nur ein Teil des Friedhofs … Mehr als nix
ist das schon, nur davor werden die Kinder
kaum fit für späteres Genießen sportlicher
Aktivitäten. Aber, let
᾿
s see …
Obwohl nur für die Sprache vom Landes-
schulrat eingesetzt, ist für mich als aktive
Sportlerin und Trainerin die Kombination
von Sprache unabdingbar. Und für Kinder ist
das Erlernen der Sprache mit spielerischen
Elementen ideal. Die Kinder begrüße ich mit
„Hi, how are you?“ – die Kinder müssen mit
der Gegenfrage erwidern – how are you? Da-
rauf geht es mir immer schlecht: „not good“.
Fragen die Kinder „why?“, so sage ich zum
Beispiel „knee pain” (Knieschmerzen) etc. So
kommen wir rasch ins spielerische Gespräch.
Spielerisch Englisch lernen beginnt mit nor-
malem Laufen. Das sollten auch die Eltern
forcieren. Möglichkeiten dazu gibt es genug,
die besser und billiger sind als McDonalds.
Do we walk. And let´s play.
Wir beginnen mit den Varianten des Laufens, der
natürlichsten Sportbewegung
Sunny-Boy Schattelbauer (mit Lorbeerkranz)
nach seinem Etappensieg mit Miss Canada
Nix für Weicheier
Anekdoten kann „Schatti“ stundenlang er-
zählen. Klar, wer über 19 Rennfahrerjahre
bei einem Durchschnitt von 19 Siegen pro
Jahr herausfuhr, 1973 Staatsmeister war, ins-
gesamt 6 weitere Titel einfuhr (wovon ihm
allerdings zwei aberkannt wurden) und 15
Mal die Österreich-Rundfahrt bestritt – der
kann sehr viel erzählen. Apropos: Warum
wurden dir 2 Titel aberkannt? „Wegen ganz
normaler Rangeleien, wie sie zwangsläufig bei
Trainingsgerät heute:
Die Simplon-Profi-Rennmaschine –
nach 362 Siegen in 19 Jahren
1...,44,45,46,47,48,49,50,51,52,53 55,56,57,58,59,60
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