echtLife Dezember 2023

echt Life | Dezember 2023 | Seite 9 Liebe Doris, gerade in männerdominierten Organisationen regiert meist ein Patriarch an der Spitze, das ist auch für so manchen „Ortskaiser“ recht typisch. Welches Rollenverständnis hast Du als Frau und neue Bürgermeisterin? Ich war noch nie jemand, der von oben her Befehle gibt, ich bin und bleibe eine Teamspielerin. Es gibt allerdings nicht nur mich als Person, sondern auch das Amt, dem man Respekt zollt. Das habe ich selbst so gehandhabt und meine persönliche Meinung oft untergeordnet. Jetzt bin ich seit wenigen Tagen Bürgermeisterin und bemerke schon, dass meine Umgebung anders auf mich zukommt. Ich selbst fühle mich irgendwie befreit, weil ich nun vieles auf meine Art probieren kann. Wenn du nun Themen auf Deine Art angehst, was willst Du anpacken? Ich richte gerade mein Büro mit Blick auf den Platz vor dem Verwaltungszentrum ein. Wenn ich da hinaussehe, will ich unbedingt für mehr Grün sorgen. Trotzdem muss der Platz für Veranstaltungen frei bleiben, also kommen wohl eher mobile Lösungen in Frage. Das klingt gut, aber sind mobile Tröge nicht gefährdet, wo es rund um den schönen Park doch so viel Vandalismus gibt? Das ist leider richtig. Deshalb versuchen wir hier schon gemeinsam mit der Polizei und dem Jugendzentrum ClickIn ein Präventionskonzept zu erarbeiten. Diese Zerstörungswut ist leider ein enormes Problem. Jammern hilft nicht, wir gehen das jetzt an. Kommen wir zu einem friedlicheren Thema: Voriges Jahr hat die Gemeinde die Weihnachtsbeleuchtung stark reduziert, begründet war das mit den hohen Energiekosten … Weihnachtsbeleuchtung und Weihnachtsdekoration sollen Licht und Heimeligkeit ausstrahlen. Das wollen und brauchen die Leute, gerade in so schwierigen Zeiten. Das geben wir ihnen auch. Gleichzeitig hat die Gemeinde Vorbildwirkung bei Energieeffizienz: Also Beleuchtung ja, aber keine Beleuchtungsexzesse, die mehr mit einem Rummelplatz als mit Advent zu tun haben. Es gibt also wieder mehr Beleuchtung als vor einem Jahr, allerdings stark konzentriert auf unsere Ortszentren. Die neue Bürgermeisterin in Gratwein-Straßengel im Gespräch. Mit Doris Dirnberger gibt es seit 25. Oktober 2023 eine neue Bürgermeisterin in Gratwein-Straßengel. Harald Mulle verabschiedete sich aus der Politik genauso wie Gerald Murlasits. Damit wurden auch Veränderungen im Gemeindevorstand nötig: Als neue, von der SPÖ gestellte Mitglieder ziehen Martina Auer und Gernot Papst ein. Letzterer übernimmt auch den Vorsitz in der Orts-SPÖ. Mit Johanna Tentschert (Grüne) als erste Vizebürgermeisterin stehen nun zwei Frauen an der Spitze, zweiter Vizebürgermeister ist weiterhin Mario Schwaiger (ÖVP). Doris Dirnberger ist damit die dritte Bürgermeisterin in GU, die große Mehrheit der 36 GU-Gemeinden ist in Männerhand. Gleich zwei Frauen an der Spitze gibt es ansonsten nur noch in Graz. Nachdem die lokale Politik seit geraumer Zeit von heftigen Auseinandersetzungen zwischen Harald Mulle und den Oppositionsparteien geprägt war, hofft man nun auf Verbesserung. Wer ist Bürgermeisterin Doris Dirnberger? Wie stehst Du zu den großen Streitthemen der letzten Jahre, also Huberweise, Techno-Park und Demenzzentrum? Ich mag diese verfahrenen Positionen nicht, die bei uns vorherrschen und bemühe mich, die Dinge etwas anders zu denken, um auf neue, mehrheitsfähige Lösungen zu kommen, die im Interesse aller sind. Beim Demenzzentrum und dem Techno-Park könnte es auch andere Standorte geben. Bei der Huberwiese geht es einerseits um neue Ansätze rund um Widmungen, zum anderen darum, nicht mehr Flächen in Bauland umzuwandeln, als unbedingt nötig ist. Den schon beschrittenen Weg, die Bürgerinnen und Bürger bei Projektentwicklungen zu beteiligen, will ich intensivieren. Vor allem würde ich gerne so weit kommen, dass wir nicht nur auf Investoren reagieren, sondern da und dort in der Entwicklung als Gemeinde auch selbst initiativ werden. Auf welche Projekte, an deren Umsetzung Du in den letzten Jahren in Gratwein-Straßengel federführend beteiligt warst, bist Du besonders stolz? Zuletzt auf die Umsetzung der Sozialkarte, die es benachteiligten Personen leichter macht, zu Unterstützung zu kommen und nicht regelmäßig als Bittsteller anklopfen zu müssen. Das größte Erfolgsprojekt ist selbstverständlich unser Generationenhaus, das als Treffpunkt, Beratungs- und Informationszentrum, Inklusionscafé und Bibliothek alle Generationen miteinander verbindet. Das Tolle ist, dass schon am Beginn des langen Wegs bis zum fertigen Generationenhaus so viel entstanden ist wie Erzählcafés, unser Kostnixladen, Gemeinwohlprojekte und noch viel mehr – und dass alle diese Projekte auch heute noch sehr lebendig sind und viel zum gemeinsamen Leben in Gratwein-Straßengel beitragen. Danke für das Gespräch! (v. l.) Bgm. a. D. Harlad Mulle, Bgm.in Doris Dirnberger und LH Stv. Anton Lang Frauen an der Spitze: Bgm.in Doris Dirnberger und Vbgm.in Johanna Tentschert (r.) Andreas Braunendal

RkJQdWJsaXNoZXIy MTgyNzE1Ng==