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Seite 42 | September 2017 |
echt L i fe
Wo hunderte Liter
Whisky verdunsten
Wer sein Glas schon geleert hat, sagt in den
Highlands, manchmal sogar auch in unse-
ren Breiten: verdunstet. In der Destillerie ist
das der Normalfall: „Am Ende des Reifungs-
prozesses von 15 Jahren enthält das 500-Li-
ter-Fass nur noch rund 400 Liter“, sagt Al-
lister McLean, gestrenger Wächter über die
Destillerie „Ben Nevis“. Das ergibt am Ende
aber immer noch rund 600 Flaschen pro Fass.
Warum, sei später verraten.
Zwei Fasstypen sind obligat: Oloroso Sherry
Butt´s und amerikanische Bourbon-Eichen.
In den meistverwendeten Sherry-Fässern
gereifter Whisky hat in der Regel eine dunk-
le Farbe, wenn die Fässer vor dem Befüllen
verkohlt werden, um Vanillin aus dem Holz
freizugeben. Verleitet das Fass dem Scotch
am Ende erst seinen charakteristischen Ge-
schmack, so sind das Wasser, Gerste und
Hefe, auch der Torf die entscheidendenDestil-
lations-Faktoren. Also, los – ehe der Whisky
verdunstet und unsereiner verdurstet …
Riechen des Feuers
Ben Nevis – mit 4.406 feet über dem Meer
der höchste Berg Großbritanniens, an dessen
Fuß der Ort Fort Williams am Ende des lang-
gezogenen Loch Linnhe im Westen Schott-
lands liegt. Hier hat 1825 John McDonald die
Brennerei „Ben Nevis“ gegründet. Sein erster
Whisky gab seinem Namen die Ehre und ist
bis heute bekannt: „Long John`s Dew“ – ei-
ner der ersten Single Malts. Seit 2005 hat
die französische Gruppe Pernod Ricard den
Markennamen und die Whisky-Mischung
übernommen.
„uisge beatha“ – schon einmal gehört? Aus den unaussprechbaren gälischen Wörtern für Wasser
und Leben wurde in England der „Whisky“. „Whisky“ ohne „e“ – Schotten sparen sogar dabei.
Eine Kostprobe in der Highland-Destillerie Ben Nevis.
Am Rande von Fort Williams steht das
Stammhaus der Ben-Nevis-Brennerei, heute
genauso, wie von John McDonald begonnen.
„Wegen des reinsten Wassers im Lande, das
direkt vom Allt a Mhullin Burn, einem der
beiden Hochplateau-Seen des Ben Nevis, zu
uns geleitet wird“, wie Allister McLean am
Eingang zum Malt House erklärt. Was we-
sentlich ist, denn das Wasser ist neben den
beiden anderen Zutaten Gerste und Hefe die
wichtigste Grundlage. „Und wenn es, so wie
dieses vom Ben Nevis, auch noch über die
Torfmoore zu Tal rinnt, ist die Basis für das
„Riechen“ des Feuers, das dem Whisky die
spezielle Note verleiht, optimal“.
Hefe und Malz
Da wäre zumal die Gerste: nur erste Qualität,
gereinigt und getrocknet. Und sie muss die
richtige Menge an Protein enthalten. Heißt:
nur rund 20 Prozent der Ernte sind dafür ge-
eignet. Die trockene Gerste wird auf einem
Tennenboden ausgebreitet, befeuchtet und
zum Keimen gebracht. So erhält man das
„Grünmalz“. Das Trocknen und Stoppen des
Keimens erfolgt mit heißer trockener Luft, die
aus dem Rauch von verbranntem Torf kommt
– das Grünmalz erhält ein erstes rauchiges
Aroma.
Nach dem Schroten folgt das Maischen im
so genannten „mash tun“. Darin wird nach
Zugabe von heißem Wasser die Stärke durch
Enzyme in Malzzucker umgewandelt. Die so
entstandene Würze wird nach dem Abkühlen
in den Gärbottich (wash back) gepumpt. Spe-
zielle Destillations-Hefe wird beigemengt –
sie ist mitentscheidend für die Fermentation,
den Gärungsprozess, bei dem die enzymati-
sche Umwandlung der organischen Stoffe in
Alkohol erfolgt. Nach diesem Vorgang hat
die Maische einen Alkoholgehalt von fünf bis
acht Prozent.
„Cask strength“ für ganze Männer
Dann geht´s in die faszinierend kupferfarbe-
nen „wash stills“, die Brennblasen. Darin wird
das Destillat über Dampfspiralen erhitzt. Die
Verschaltung der Brennblasen ist noch kom-
plexer, wenn das erste Destillat aus mehreren
Wash Stills oder mehreren Produktionsläufen
zum zweiten Destillieren zusammengeführt
werden muss. Der „Rohbrand“ (low wine) hat
bereits 20 Volums-Prozent. Der in wieder-
holter Destillation erzeugte Feinbrand wird
im „middle cut“, dem Herzstück mit rund 30
Prozent des Destillates, vom Brennmeister
getrennt; dieses fließt durch jenen „Zähler“,
aus dem sich der Fiskus die Branntweinsteuer
abzapft.
Bei der Lagerung verdunsten in
15 Jahren rund 20 Prozent edlen Whiskys!
von Erich Cagran
Schottland: Das 60 Meilen lange
Whisky-Tal „The Great Glen“
beginnt bei der
Destillerie von „Ben Nevis“
Wer diese Glocke läuten hört, ist
schon am Tor zum „Heiligtum“ –
dem Malzhaus
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