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JEGG-Life plus 2015
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In lustiger Erinnerung etwa seine selbst-
ironische Erklärung nach einem 0 : 0-Spiel:
„Eine Fußballmannschaft und ein Tormann
sind zweierlei: zehn Spieler rennen am Feld
herum um Tore zu schießen. Als Tormann
bist du der einzige, der Tore verhindert,
also kein Mitspieler …“
Andere Story, die durch den
Blätterwald rauschte.
Bei einem Match gegen Rapid hielt Ekmecic
alles, die bekannt lustigen Rapid-Fans hin-
ter seinem Tor warfen aus Verzweiflung ein
Würstel ins Tor. Savo ging lässig hin, hob das
Würstel auf und, nicht wie alle erwarteten,
dass er es zurück ins Publikum geworfen hät-
te, rief er den Rapidlern zu: „Und wo bleibt
der Senf…?“ Senf bekam er keinen, aber den
Applaus von Hans Krankl .... Das war noch
die Zeit, als die Fußbälle selbst mehr Gewicht
hatten, als unsere Liga heutzutage. Savo´s
Schiri-Überlistungen sind bis heute legendär.
Anstelle des der Regel entsprechenden Absto-
ßes, warf er den Ball gerne unbemerkt schnell
aus, während der Schiri nach einem Out-Ball
schon in die andere Richtung abdrehte und
nimmer auf den Tormann schaute. Savo heu-
te lächelnd: „Das geht jetzt nimmer“. Klar:
Video killed the Cheater-Star… Und: „Die
heutigen Bälle sind fast so leicht wie Luftbal-
lons, die fliegen mitunter locker bis zum geg-
nerischen Strafraum…“
Auch nicht alle Lieder sind gut
In seiner Kantine kann man die Fußballfans
von seinen Stammgästen klar unterscheiden.
Letztere reden kaum über Fußball. Für Savo,
der auch die UEFA-Trainerlizenz besitzt und
nach seiner aktiven Laufbahn zwei Jahre beim
GAK Trainer war, ist das heute kein Haupt-
thema mehr. Auch, wenn er den Werdegang
seiner einstigen Lieblings-Entdeckung Ralph
Hasenhüttl verfolgt, der drauf und dran ist,
als Trainer von Ingolstadt den Sprung in die
Deutsche Bundesliga zu schaffen. Savo dis-
kutiert heute lieber über das Alltagsleben, die
ungeheuren Naturereignisse etwa. „Die hei-
mische Bundesliga – interessant, aber nim-
mer meine Welt“. Und die heute TV-gerechte
große Fußballbühne wie die Champions
League? „Schau ich ab und zu. Ich rede aber
bewusst nicht darüber. Denn beim Fußball ist
es ähnlich wie bei Sängern – nicht alle Lieder
sind gleich gut“.
Apropos Stammgäste.
Das sind in der
Kantine vermehrt Professoren, Ärzte, hohe
Beamte oder Politiker. Über sie sagt er iro-
nisch: „Von den Lehrern (wie er hochrangige
Professoren liebevoll nennt) sind die meisten
Deutschlehrer. Warum? Die müssen alle erst
Savo-Deutsch lernen …“. Deutsch hat er sich
übrigens autodidaktisch beigebracht – am
Fußballplatz. Ergo dessen hat Savo-Deutsch
auch Kult-Status: „A bissl nix Grammatik,
verstehst Du?“ Vor großen Namen und Titel
„buckelt“ er nicht, hat „gleichen Respekt vor
allen“. Auch das macht ihn sympathisch. Inte-
ressant auch, wie er der Kommunikation eine
fast philosophisch neue Bedeutung gibt: „Das
Gasthaus ist ein Ort, wo die Leute zum mit-
einander Reden zusammenkommen sollen“.
Zufallsreise nach Graz.
Faktum ist: Nur das Engagement beim
GAK verhinderte einen möglichen Richter
oder Anwalt Ekmecic.
Die Entscheidung war denkbar knapp. Beim
FC Sarajevo, wo er 5 Jahre im Tor stand, hat-
te er mit 29 Jahren die Schuhe bereits an den
Nagel gehängt, fürs Weiterstudieren bereits
inskribiert. Da kam der damalige Sturm-
Tormann Refik Muftic in einem Kaffeehaus
in Sarajevo auf ihn zu und fragte, ob er mit
ihm einen 2-Tage-Ausflug nach Graz machen
wolle. Savo hatte nicht einmal einen Pass. Un-
ter Freunden war das aber in einem Tag ge-
löst. Savo fuhr mit einer Jeans und zwei Lei-
berln mit. Zur Einladung südlich von Graz,
ins Haus von Sepp Kriegl, wo die GAK-Chefs
Felix Wendler und Toni Kürschner warteten.
Muftic redete mit ihnen Fußball, Savo ver-
stand kein Wort. Man gab ihm die Tabelle der
GAK-Vorsaison. Ohne viel zu denken, sagte
er zu Muftic, „… 63 erhaltene Tore - spielen
die ohne Tormann?“ Muftic schmunzelte,
übersetzte, und alle lachten. Auf der Heim-
fahrt eröffnete ihm Muftic, dass die Grazer Ja
gesagt haben und Savo somit per Handschlag
als Goalie engagiert war.
Muftic konkret:
„Daheim in Sarajevo hast
du 2 Tage Zeit, deine Sachen zu packen und
dann geht’s zurück nach Graz – du bist neuer
GAK-Tormann.“ Von da an stand er statt der
verletzten Rudi Roth und Hans Steigenberger
im GAK-Tor. Und verließ es bis 1985 nicht
mehr. Der Rest ist Geschichte.
Anekdoten-Buch
fehlt noch
Wenn wir so plaudern, jagt eine Episode
die nächste. Der Schmäh rennt, wie man so
schön sagt. Savo Ekmecic, geboren in Metko-
vic, einer kleinen Grenzstadt in Dalmatien,
lebt glücklich verheiratet in Graz-Andritz, ist
Vater zweier erwachsener Töchter und einer
Enkelin. Des Erzählens wird er nicht müde.
Die Geschichten aus seiner bewegten Balkan-
Heimat sind teils noch spannender, als seine
sportlichen – von der Winterolympiade in
Sarajevo, wo er für Franz Klammer & Co.
Dolmetsch und Reiseleiter des ÖSV spielte,
bis zu seinem unglaublichen, nur einen Tag
lang dauernden Militärdienst im damaligen
„Jugo“-Regime. Alles Geschichten, die das
Leben schrieb. Dass es diese noch nicht in
Buchform gibt – schade, ob solcher verle-
gerischer Schande, wie man verleitet ist zu
sagen. Und ein Verlust für Savo-Fans. Vom
Nebentisch „kalmiert“ indes Magister Wolf-
gang Zwangsleitner, einer „seiner Lehrer“ in
der Kantine: „Mit Savo haben wir ein kleines
Stück Balkan im Herzen von Graz“.
Am Kantineneingang wird man erinnert:
Jahrhundertspieler Savo Ekmecic
Am Getränke-Hahn ist Savo heute
ebenso „daham“ wie beim Diskutieren
und Anekdoten-Erzählen
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