Jegg-Life plus 2 / 2015 - page 61

JEGG-Life plus 2015
61
Spannend war es, so
einen Tag mit den Schichls
mitzuerleben!
Um 7:30 Uhr trete ich in der Ordination an
– um zu erfahren, dass alles anders ist als ge-
plant. Nicht eine Ausfahrt zu einem der Pfer-
depatienten steht als erstes auf der Agenda,
sondern die Akupunktur eines Hundes in
der Ordination, im Behandlungsraum Eins.
„Bandscheibenbeschwerden“, sind das The-
ma, erfahre ich – und dass er nach einigen
Akupunkturterminen nun schmerzmittelfrei
sei. Begeistert ist er nicht, der Wauz, als er
„genadelt“ wird. Inzwischen liegt er aber ge-
duldig da, während im Kleintier-Operations-
raum zuerst die Kastration eines Maine Coon
Katers, dann die eines Pinschers ansteht.
Anästhesie, Chirurgie, postoperative Versor-
gung - im Prinzip ist das alles der Behandlung
von Menschen nicht so unähnlich – bis auf
das, dass wir Menschen unsere Befindlichkei-
ten und Beschwerden auch verbal mitteilen
können, während Herr Hund und Madame
Katze diesbezüglich durch ihre BesitzerInnen
verteten werden – was die Sache nicht immer
vereinfacht. Da gehört dann schon der geübte
Blick und die entsprechenden Diagnoseme-
thoden dazu, um zu erkennen, um welche
Beschwerden des Patienten es sich denn hier
handelt. EKG, Ultraschall, Röntgen, Labor-
untersuchungen – auch bei den konventio-
nellen Diagnoseverfahren ähneln sich Vete-
rinärmedizin und Humanmedizin durchaus.
Und im einen wie im anderen Fall konnten
durch die Entwicklung der Technik erhebli-
che Fortschritte erzielt werden.
An der Rezeption kommen inzwischen die
nächsten Terminanfragen herein – und Akut-
fälle müssen eingeschoben werden. Von Al-
tersbeschwerden bis zu „Ich glaub, er hat was
Falsches gefressen“ ist da alles dabei.
Behandlungsraum Zwei: Ein Hund kommt
zur Nachkontrolle seiner Harnwerte.
Und auch die Verhaltensschulung von den
Tieren und der Umgang mit ihnen ist immer
wieder Thema. Speziell Neulinge im Umgang
mit Tieren sind immer wieder dankbar für
Hinweise im Umgang mit ihren Lieblingen.
Nun trottet ein alter Hund bei der Tür her-
ein. Es braucht ein Thoraxröntgen, um seinen
Krankheitsverlauf zu beurteilen, während bei
Hund Rocky in Behandlungsraum Eins in der
Zwischenzeit die Akupunkturnadeln wieder
entfernt worden sind.
Kein Patient verlässt die Praxis ohne ein er-
munterndes Streicheln oder Tätscheln oder
auch der gelegentlichen Gabe eines Leckerlis
– Loben und erwünschtes Verhalten verstär-
ken statt unerwünschtes zu bestrafen ist die
Devise.
Nächster Hund zur Akupunktur, ein anderer
auf die Waage. Draußen klingelt das Telefon
das eine um das andere Mal – und dennoch
ist kein Stress im Umgang mit den Tieren
spürbar. Im OP wird gearbeitet, sowie im
Praxis-Labor.
Und alles läuft wie am Schnürchen.
So – und nun geht es „auf Tour“ mit der mo-
bilen Pferdepraxis. Auf dem Weg Richtung
Anger zum ersten Pferdepatienten klingelt
das Telefon das eine ums andere Mal. Auch
hier: telefonischer Erstanamnese, Einschät-
zung der Dringlichkeit und danach gerichtete
Terminvereinbarung, Details über die Fort-
schritte einer Therapie und vieles mehr – al-
les das wird oft auf dem Weg von A nach B
abgehandelt, der Freisprecheinrichtung und
der Multitaskingfähigkeit Börge Schichls sei
Dank. Dazwischen noch Erklärungen zu den
Fällen in der Praxis an mich und Vorankün-
digung des zu Erwartenden: Zahnbehand-
lungen bei zwei Pferdepatienten in Anger, ein
weiteres Spezialgebiet von Börge Schichl.
Und danach etwas, was mich immer wieder
fasziniert. Die Diagnose bei einem in sei-
ner Bewegungsmöglichkeit eingeschränkten
Pferd durch Testen der diagnostischen Aku-
punkturpunkte am Körper des Pferdes und
das entsprechende Setzen der Nadeln. Noch
ein chiropraktischer Eingriff und Anweisun-
gen an die Tierbesitzerin, mit welchen gym-
nastischen Übungen sie den therapeutischen
Fortschritt sichern kann.
Nun auf die Koppel, wo ein Schimmel und ein
Fuchs nicht gerade uneingeschränkt erfreut
darauf regieren, beim Grasen unterbrochen
zu werden. Fuchsi ist schnell kooperativ und
lässt nachtesten, wie die letzte Behandlung so
angeschlagen hat. Kein Halfter und Anbinden
sind dazu notwendig, sondern nur die ruhige
Präsenz des Tierarztes.
Dass das nicht immer so sein muss, zeigt
dann sein Koppelgenosse, der von der Unter-
suchung deutlich weniger angetan ist – und
damit eine größere Herausforderung in der
Behandlung darstellt.
Dann standen noch zwei „Hausbesuche“ in
Semriach bei einem Haflinger und in der
Nähe von Peggau bei zwei Isländern auf dem
Programm.
Es ist nach 15:00 Uhr als wir wieder in der
Ordination eintreffen. Für Börge Schichl nur
ein Zwischenstopp, um Chinesische Kräu-
ter in seine fahrende Ordi zu laden und sich
weiter auf den Weg nach Thal zu machen,
während im Kleintierambulatorium bereits
die „Nachmittagsschicht“ begonnen hat, die
offiziell um 19:30 Uhr – manchmal aber auch
erst weit danach – endet...
In den letzten Jahren haben sich in unse-
rer Gegend glücklicherweise einige weitere
TierärztInnen angesiedelt, mit denen man
sich austauscht und gegebenenfalls koope-
riert. Dennoch stellt die mittlerweile auf
neun MitarbeiterInnen angewachsene Tier-
arztpraxis in der Brucker Straße in Grat-
korn eineAnlaufstelle für viele Tierbesitzer-
Innen in unserem Großraum dar, da sie in
ihrer Vollständigkeit der Betreuung und in
der Ganzheitlichkeit ihres Ansatzes schon
etwas Besonderes ist.
"Pferdegymnastik" mit Onkel Doktor
Fotos: Marion Fabianek
Das Testen der diagnostischen Akupunkturpunkte
1...,51,52,53,54,55,56,57,58,59,60 62,63,64,65,66,67,68
Powered by FlippingBook