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JEGG-Life plus 2015
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Die Prosecco-Weinstraße
Da Steirer bekannt sind für ihren besonders
kritischen Wein-Gaumen, wollten wir es ge-
nau wissen. Darum haben wir uns für die
JEGG-Leser umgesehen – im echten Prosec-
co-Land. Da stellten wir schnell fest: So, wie
Steirerblut sprichwörtlich kein Himbeersaft
ist, ist der echte DOCG-Prosecco Trauben-
kultur von höchster Qualität. In einer Land-
schaft, die der südsteirischen Weinstraße um
nichts nachsteht. Sie ist nur weitläufiger und
das Klima eher sanfter.
Wo das alles ist?
Auf halber Strecke der
A4, der „Strada del Sole“ zwischen Udine und
Venedig – Ausfahrt Portogruaro (die Jesolo-
Abfahrt) und gerade weiter die A 28 ca. 40 km
bis Conegliano. Von dort der Beschilderung
folgen bis Valdobbiadene.
Alles in allem: ca. 450 km von daheim.
Den echten DOCG
(der Name hat übrigens nichts mit dem ita-
lienischen Adjektiv „secco“ – trocken, zu
tun) gibt es nur in der Region Veneto. Und
hier wiederum in den beiden Anbaugebieten
Valdobbiadene und Conegliano. Als Schaum-
wein (Spumante), Perlwein (Frizzante) und
Stillwein (Tranquillo, auch Tradizionale).
Dort, rechts und links des Regions-Grenz-
flusses Soligo ist der echte Prosecco zu finden.
In Valdobbiadene und den umliegenden Or-
ten wie Santo Stefano, Guia oder Refrontolo.
Auch in Asolo, wo in einziger Ausnahme ein
mit „Colli Asolani“ bezeichneter DOCG zu-
gelassen ist. Es wird aber auch der „normale“
Prosecco hergestellt. Als Prosecco DOC Tre-
viso. Qualitativer Prädikatswein, aber ohne
„G“ somit de facto „nur“ 2. Wahl.
Bei Gregorio & Celestino
Auf den Bergen von Santo Stefano di Valdob-
biadene „thront“ die Kellerei „Ca`Salino“,
ein traditioneller Familienbetrieb. Mit mo-
dernsten Kellereien und Degustationsräu-
men – und mit Fernblick der Extraklasse.
„Padrone“ Gregorio Bortolin erklärt: „Wenn
wir zwischen den Geschmacks-Charakteren
unterscheiden, so steht Brut für den herberen
Ausbau mit mehr Säure. Dry und „extra dry“
stehen, entgegen der Vermutung, wenn man
„dry“ nur mit trocken übersetzt, für weniger
herb bis lieblich“.
So lässt sich´s leben
In dem direkt am Ortseingang von Valdobbi-
adene gelegenen Weinhofes „Riva de Milan“
geht es uriger zu. Bei den Brüdern Bernardi
trifft sich anWochenenden die halbe Gemein-
de. Wie bei uns sonntags beim Kirchenwirt.
Am „Tavola all` aperto“ – am Tisch im Frei-
en neben den Rebstöcken oder im urigen
Bauernstüberl kredenzt Celestino Bernardi
seinen „Tradizionale“ gleich in Glaskrügen.
Das ist der „Stillwein“, der Hauswein der Men-
schen dieser Region. Trinkt sich fast wie ein
steirischer „Welsch“, nur bekömmlicher, run-
der im Geschmack und – rund 1 Prozent we-
niger Alkohol. Dazu noch Celestinos „Pranzo
tipico freddo“ – Prosciutto, Salami, Formaggi.
Fantastico! So lässt sich´s leben.
In einem haben beide, Gregorio und Celes-
tino, Übereinstimmung:
So, wie auch hier-
zulande, war die Ernte 2014 wetterbedingt
„spröde“. Heißt: Rund 20 Prozent weniger
Trauben, die Qualität aber ist bestens. Da wäre
aber noch die Frage zu klären: Wie kommen
die prickelnden Bläschen in die Prosecco-Fla-
schen. Gregorio Bortolin: „In erster Gärung,
die wir im Tank (Methode Martinotti) durch
ein aufwändiges Wärmungs- und Kühlverfah-
ren steuern, wird der Prosecco Spumante, der
klassische, frische Sekt hergestellt. Im Gegen-
satz zu den langjährigen Flaschengärungen
beim französischen Champagner“.
Still, wie steirischer „Welsch“
Bei Celestino Bernardi ist der Stillwein zu ei-
ner echten Spezialität „gereift“. Dieser Prosec-
co spento, Prosecco tranquillo, oder wie Ce-
lestino seinen „tradizionale“ auch charmant
einfach „Vino bianco“ nennt, gibt es nur in ge-
ringen Mengen. Der aus der Prosecco-Traube
oder Glera-Traube gekelterte, nur ganz leicht
moussierende Weißwein ist daher kaum au-
ßerhalb des „Prosecco-Landes“ zu haben,
wird auch nicht exportiert. Seine edelste Qua-
litätsstufe ist der „Cartizze“, den es fast aus-
schließlich in den Valdobbiadene-Gemeinden
Saccol und Fol gibt.
Die Prosecco-Traube,
jetzt auch nach der lateinischen Bezeichnung
Glera-Traube genannt, unterliegt heutzutage
höchsten, gesetzlichen Qualitätskriterien. Die
Massentransporte irgendeines „Fusels“ mit
Prosecco-Etikett sind Geschichte. Seit 2009
unterliegt der Prosecco der EU-Verordnung
Nr. 1166. Sie definiert das Anbaugebiet, den
Herstellungs- und Abfüllort und das Gebinde
– das alles darf nur in der Region Veneto gele-
gen sein. Und den DOCG gibt´s nur zwischen
Valdobbiadene und Conegliano.
Na dann: Salute!
Die fruchtigen Hügel der Prosecco- oder
Glera-Traube oberhalb von Valdobbiadene
Gregorio Bortolin, der Prosecco-Philosoph aus
Santo Stefano: Ein Leben für den Prosecco
Wie ein tägliches Erntedankfest: Celestino Bernar-
di serviert Prosecco neben den Rebstöcken
Das Signet der Prosecco-Weinstraße
Pranzo tipico freddo – die Grundlage für
zünftige Prosecco-Degustationen
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