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Seite 28 | September 2017 |
echt L i fe
Der Rad- und Fußweg führt di-
rekt am Bauprojekt der Wehran-
lage vorbei. Die Bautafel spricht
von „Barrierefreiheit für Fische“,
wodurch wertvoller Ökostrom
gewonnen werden soll. Der lai-
enhafte Radler steht staunend
davor. Dabei handelt es sich bei
der Baustelle um eine Novität in
unserer viel diskutierten Fluss-
landschaft. Die vor fast 100 Jah-
ren noch von „Turbinen-Vater“
Viktor Kaplan in Betrieb genom-
mene Wehranlage der einstigen
Papierfabrik wird aufgerüstet.
Grund: „Eine neue EU-Aufla-
ge ist es, die eine durchgängige
Fischaufstiegshilfe als Vorausset-
zung für den Weiterbetrieb der
Wehranlage vorschreibt, die un-
sere Wehr bisher nicht hatte“, so
Sappi-Direktor Max Oberhumer.
Fisch-Animation
Also baut man sie, die „Fischlei-
ter“. Damit die Mur-Fische aber
wissen, wo sie die Leiter finden,
brauchts eine Animations-Ein-
richtung, die „Lockströmung“,
wozu nur rund 1 m³/Sekunde
reichen würden, die über die
Aufstiegshilfe rinnen. Doch da
wurde die Innovativkraft der
Sappi-Techniker zugeschaltet.
Ökostrom durch Mur-Fische
Baukräne an der Sappi-Wehranlage, sichtbar vom Kreisverkehr Gratkorn,
und deren bemerkenswerter Hintergrund: Mit einer Zusatzströmung werden Fische animiert,
eine neue „Aufstiegs-Leiter“ zu erklimmen. Auch zur Erzeugung von Ökostrom.
Oberhumer: „Erhöht man den
Durchfluss der Lockströmung
auf 10 m³, so kann man ein
Restwasser-Kraftwerk mit einer
Kleinturbine daran koppeln und
steirischen Öko-Strom generie-
ren.“
Gesagt, getan. Als Industrie-
betrieb, der zwar jährlich rund
40.000 MW/h Strom mit der
Hauptturbine der Wehranlage
produziert – das sind 6 Prozent
des Sappi-Bedarfs und entspricht
Strom für rund 14.000 Haushalte.
Für Sappi passt hier die Stromer-
zeugung nicht ins Programm, es
würde eine eigene Bilanzgruppe
erforderlich machen. Also such-
te Sappi einen Partner im Was-
ser-Strom-Geschäft. Und fand
rasch die Partnerschaft mit der
E-Werk Gösting V. Franz GmbH.
Diese Kooperation ermöglicht
eine zukunftsorientierte operati-
ve Aufgabenteilung.
Das Endergebnis: Bei 7,1 Giga-
watt/h pro Jahr und einer Eng-
passleistung von 1.600 kW wird
eine Einsparung von ca. 3.100
Tonnen CO
2
erzielt.
Start im November
2017 geplant
E-Werk-Gösting-Geschäftsfüh-
rerin Ingrid Seidl erklärt diese
Zahlen: „Durch die neue Anlage
erzeugenwirStromfürrund2.500
Haushalte. Da es keine Direkt-
leitungen von einem Kraftwerk
zu einzelnen Haushalten gibt,
erfolgt die Einspeisung ins öf-
fentliche Stromnetz. Je mehr be-
nötigter Strom in der Umgebung
produziert wird, desto weniger
muss daher über weitere Lei-
tungsstrecken transportiert wer-
den.“ Klar und logisch.
Heute noch Baustelle, bald Öko-
Strom durch eine innovative
Aufstiegshilfe für Fische
Fazit von Dir. Oberhumer: „Es
freut mich, dass wir ohne Vor-
teilsbemessung eine Partner-
schaft gefunden haben, die durch
die Nutzung der Kraft und Natur
einen wichtigen Schritt zu Natur-
schutz und Nachhaltigkeit leistet,
zu der wir uns verpflichtet füh-
len.“ Schon imNovember soll das
neue Werk in Betrieb gehen, wo
de facto durch die Flossenschlä-
ge der Mur-Fische frischer Öko-
Strom erzeugt wird …
Sappi-Chef Max Oberhumer:
„Fühlen uns zu Naturschutz und
Nachhaltigkeit verpflichtet“
TOP: Die idyllisch gelegene Wehranlage der Sappi-Gratkorn bekommt eine Fischaufstiegshilfe, und diese wird auch zur Stromerzeugung genutzt!
von Erich Cagran
Foto: Gasser
&
Gasser
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