Jegg-Life plus September 2015 - page 50

JEGG-Life plus 2015
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Helmut Schulter: 25 Jahre
im Dienste des Herzverbandes
Diese Geschichte geht ans Herz. Ein 49-jäh-
riger Grazer erleidet einen Herzinfarkt. Er
überlebt. Statt sein Herz zu schonen, über-
nimmt Helmut Schulter die Geschäftsfüh-
rung des Herzverbandes. Zum Jubiläum
blutet sein Herz erneut. Wegen der akuten
und skandalösen Versorgungsdefizite in
der Steiermark.
Eigentlich hätte an dieser Stelle eine einfa-
che Dankesstory für das Ehrenamt stehen
sollen.
In Dankbarkeit an einen, der seit nun-
mehr 25 Jahren sein Leben zur Herzenssache
für die Allgemeinheit gemacht hat: Helmut
Schulter aus Graz-Andritz – seit 25 Jahren
Mitglied des Herzverbandes, seit 23 Jahren
dessen Österreich-Geschäftsführer. Das Ge-
spräch mit ihm nahm jedoch eine unerwarte-
te, sagen wir „herzlose“ Wende. Möge jedoch
erst einmal das Lobenswerte im Vordergrund
stehen.
Die Lebenswende kam abrupt
Bis zu seinem 49. Lebensjahr war Schulter er-
folgreich im Außendienst. Im Juni 1990 warf
ihn ein plötzlich auftretender schwerer Hin-
terwandinfarkt aus der Außendienstbahn.
Nach Intensivstation und Rehabilitation durf-
te er wieder raus – in den Außendienst. Doch
schon zwei Monate später hieß es für Schulter
erneut: Zurück ins Klinikum. Ein Herzkathe-
ter zum Setzen von Bypässen wurde nötig.
Da trat Helmut Schulter dem Herzverband
bei. „Hier wurde ich kompetent aufgeklärt,
wurden mir viele Ängste vor der Operation
genommen – vor dem Bypass-Eingriff “. Nach
weiterer Auszeit und Rehab der nächste Aus-
lauf in den Außendienst. Bis ziemlich genau
ein Jahr nach dem Infarkt ein Herzspitzen-
„Defekt“ einen Schlaganfall auslöste. „Meiner
Gattin hatten die Ärzte nicht viel Hoffnung
auf Überlebens-Chancen gemacht. Ich über-
lebte dennoch. Doch das war´s dann mit dem
Außendienst: Berufsverbot, Pensionsantrag,
Ruhe.
Vom Patienten zum Geschäftsführer
War´s das wirklich, fragte sich Schulter als-
bald? Nix tun, das war nicht seines. Also be-
schäftigte er sich damit, was ihm ganz nahe
am Herzen lag: der Herzverband. Jenem eh-
renamtlichen Verein in der Steiermark (Graz,
Radetzkystr. 1, Tel. 0664 46 25 618), dem er
jenes Wissen verdankte, das ihm die Zuver-
sicht auf ein Weiterleben gab. Konsequenz:
Bald schon wurde sein Engagement zum
Fulltime-Job. Nach knapp drei Jahren Mitar-
beit in Graz wurde Schulter zum Geschäfts-
führer des österreichischen Herzverbandes
gewählt. Ein unentgeltliches Ehrenamt, von
dem er zufrieden lächelnd sagt: „Da bin ich
eh ständig von Herzspezialisten umgeben…“,
sodass sein Herz auch bei der Arbeit stets un-
ter Kontrolle ist. 25 Jahre im steirischen Herz-
verband, 23 Jahre Österreich-Chef. So viel
gelebte Dankbarkeit für´s eigene Überleben
– solche Taten der Menschlichkeit prägen.
Fachlich ist Schulter heute so etwas wie
„ausg´lernt“. Waren früher fast nur Herz-
Patienten Mitglieder (für 25 Euro Beitrag
pro Jahr)“ im Herzverband, so stehen heute
prophylaktische Fragen von Menschen aller
Altersgruppen im Vordergrund. Dazu wer-
den zielgerichtete Bewegungstherapien mit
Therapeuten für Turngruppen oder alters-
spezifische Wandergruppen geführt. In „sei-
nem“ Herzverband sind heute medizinische
Kapazitäten aus ganz Österreich allgegen-
wärtig und auch bei Vorträgen tätig. „Kein
Vergleich zu früher, wo wir bei Ärzten noch
betteln mussten“. Die Statistik zeigt: heute
partizipieren bereits 60 Prozent präventiv
und 40 Prozent nach einer Herzbehandlung
an den Info- und Serviceangeboten.
Defibrillator –
kein Thema für unsere Polizei
Als eine der effizienten neuen Gerätschaften
in der Vorsorge nennt Schulter den Defib-
rillator. Ein Gerät zur raschen Reanimati-
on vor allem bei Herzinfarkten. „Die Leute
trauen sich damit eher zu arbeiten, als die
bisher bekannte Mund-zu-Mund-Beatmung
anzuwenden. Denn: Man kann nichts falsch
machen – die Anwendung wird vom Gerät
Schritt für Schritt vorgegeben“. Diesbezüg-
lich beklagt Schulter jedoch erstmals die
„herzlich-schmerzliche“ steirische Herzvor-
sorge am konkreten Beispiel. Vor 2 Jahren
wurden solche Defibrillator-Geräte (Kosten:
knapp über 1.000 Euro) in Wien für Polizei-
Einsatzfahrzeuge angeschafft. Nach dem Pro-
bebetrieb von 3 Monaten waren bereits 12 (!)
Lebensrettungen damit erreicht worden. Und
in der Steiermark? „Da sagt die Polizei, solche
Geräte könne man sich nicht leisten…“ .
Herz-Katheter-Tische
Das Herz regelrecht zu bluten beginnt dem
Herzverband-Chef aber, wenn er die Situa-
tion um die Versorgung mit Herz-Katheter-
Tischen in der Steiermark erwähnt. Jene
Einrichtungen also, die es bei einem Herzin-
farkt ermöglichen, sofort einen Herzkatheter
und einen „Stent“ zu setzen. Das ist aktueller
Stand der Medizin. „Diese Methode ermög-
licht es dem Patienten, das Krankenhaus
bereits nach vier bis fünf Tagen nach einem
Infarkt wieder zu verlassen“. Danach ist der
Herzverband gefragt. Wenn sich der Patient
selbst helfen lassen will.
„Es ist dabei von
großer Wichtigkeit, nicht wieder in den al-
ten Lebensrhythmus zurückzufallen“
, weiß
Schulter aus eigener Erfahrung.
Zum Jubiläum der Herz-Schmerz:
Spitals-Versorgung
driftet abwärts
Menschen und Leben
Erich Cagran
Helmut Schulter: Ein Vierteljahrhundert
ehrenamtlich für den Herzverband
So sieht ein so genannter Herzkatheter-Tisch
in Betrieb aus
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