Jegg-Life plus September 2015 - page 51

JEGG-Life plus 2015
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180-Grad-Wende des Herzchirurgen
Gerade diese genannten Katheter-Tische sind
nun aber der kritische Punkt. Denn es gibt
in der Steiermark zu wenige. Viel zu wenige.
Schulter rechnet vor: Wien mit rund 1,8 Mil-
lionen Menschen verfügt über 14 Katheter-
„Tische“, die Steiermark mit rund 1,2 Mil-
lionen nur über deren vier. Fazit: Dringend
wartende Herzpatienten müssen mindestens
8 Wochen auf diese Hilfe warten. Dass hier
die KAGes des Landes Steiermark eine (mit-)
entscheidende Rolle spielt, scheint nahelie-
gend. Als der Herzverband im heurigen Früh-
jahr per Pressekonferenz Alarm schlagen
wollte, schnitt KAGes-Vorstand
Karl-Heinz
Tscheliessnigg
den Weg ab: er lud seinerseits
einen Tag vorher zu einem Pressegespräch
zum gleichen Thema. Er erklärte dabei den
staunenden Journalisten, dass die Zahlen, die
der Herzverein tags darauf erst bekannt ge-
ben werde, nicht stimmen…
Der Herzverband führte nun bis Mitte
Juli eine Mitgliederbefragung durch. Das
nachweisliche Ergebnis:
Herzpatienten müs-
sen im Schnitt sogar 9,6 Wochen auf einen
Kathetertisch warten. Für Akutfälle ist freilich
jederzeit und sofort ein Katheter-Tisch zur
Verfügung. Zu den langen Wartezeiten sagt
KAGes-Pressesprecher Reinhard Marczik, es
seien sowohl aus Sicht des KAGes-Vorstan-
des, wie als auch seitens der Landespolitik
genügend Katheter-Tische vorhanden, um
eine ordentliche Patientenversorgung sicher
zu stellen. Herzverband-Chef Schulter hält als
Patienten-„Anwalt“ dagegen: „Man stelle sich
vor, man erhält den Befund, dass ein Herz-
katheter für die nötige Behandlungen gesetzt
werden muss. Und dazu die Mitteilung, noch
mindestens zwei Monate auf einen mögli-
cherweise lebensrettenden Eingriff warten zu
müssen.
Eine unglaubliche Zusatzbelastung
für Herzkranke“.
Politik-Skandal zulasten von Patienten
Skurill wird die Sache zusätzlich, weil rund
300 m Luftlinie vom LKH entfernt die Pri-
vatklinik Ragnitz über einen nagelneuen
Katheter-Tisch verfügt, der aber nicht ver-
wendet werden darf. Verwaltungsdirektor
Mag. (FH) Johann Hartner
klärt auf. Die Be-
willigung zur Errichtung kam 2012 vom Land
Steiermark. Die nachfolgend zu beantragende
Betriebsbewilligung ist normal reine Form-
sache; es bedarf nur einer Vereinbarung mit
der Herzchirurgie im nahen LKH. Doch die-
se wurde von der KAGes des Landes Steier-
mark verweigert – bis heute. Vor allem stößt
dabei auf: der zuständige KAGes-Vorstand
Tscheliessnigg
war vor dieser politischen
Funktion selbst Herzchirurg. Als solcher
hätte er größtes Interesse an diesem Zusatz-
Kathetertisch im Sinne der Herzpatienten
haben müssen. Den daraus resultierenden
negativen Bescheid gab es erst rund zweiein-
halb Jahre nach Beantragung, obwohl für die
Bescheid-Erteilung eine gesetzliche Frist von
6 Monaten besteht. Dagegen hat die Privat-
klinik Ragnitz Beschwerde erhoben – es läuft
parallel dazu auch ein Zivilrechts-Verfahren.
KAGes-Sprecher
Marczik
: „Das wird eine
interessante, rechtliche Entscheidung, für die
unsere Juristen ein positives Ende zu unseren
Gunsten erwarten. Jedes andere Gerichtsur-
teil würde die medizinische Landschaft im
Lande umkrempeln“.
Gewinnoptimierung
zulasten von Patienten!
Hat die Privatklinik Ragnitz mit ihrem
Zentrum für interdisziplinäre Herz- und
Gefäßmedizin ins „Blaue“ investiert und
eine Gesamtinvestition von knapp einer
Million nur auf „Verdacht“ gemacht?
Mag. Hartner:
„Wenn man uns eine Errich-
tungsbewilligung erteilt, ist es doch klar, dass
wir auch eine Betriebsbewilligung bekommen
müssen, sonst hätten wir das Projekt gar nicht
erst angefangen“. Reinhard Marczik: „Der Be-
trieb von Katheter-Tischen ist ein gutes Ge-
schäft in einem engen Segment. Wir finden es
also nicht verwerflich, wenn auch die KAGes
damit Gewinne macht. Der KAGes-Vorstand,
wie auch die Landespolitik haben daher kein
Interesse an einem privaten Katheter-Tisch,
wenn wir dann nur die komplizierten Fälle
übernehmen sollen, die Kosten verursachen,
während andere Gewinne machen“.
Gerät steht still,
weil KAGes es nicht will
Objektiv betrachtet:
Eine Errichtungsbe-
willigung ist mehr als eine konkludente Zu-
stimmung. Die Bescheid-Verzögerung auf
die fünffache Dauer lässt Hintergründe ver-
muten. Das ist wohl ein Vorfall mehr in einer
Reihe von Ungereimtheiten in dieser KAGes.
Vor allem, weil in der von der Privatklinik
angestrebte, nötige Vereinbarung durchaus
auch die von der KAGes genannten Zusatz-
kosten für komplizierte Fälle geregelt werden
könnten. Bei einigem guten Willen jedenfalls.
Bedauerlich ist daher, dass solch irrationale
(politische?) Vorgänge – wieder einmal – auf
dem Rücken schwerkranker Menschen aus-
getragen werden.
Helmut Schulter
lässt sich trotz
alledem und in
dankenswerter
Weise nicht
beirren und be-
kräftigt seinen
Leitspruch: „Wir
tun etwas für unser Herz, bevor es nichts mehr
für uns tut“.
Fotos: Cagran, web
Dir. Johann
Hartner:
Ohne Errichtungs-
bewilligung hätten
wir das Projekt
nicht angefangen
Karl-Heinz
Tscheliessnigg:
Genügend
Herz-Katheter-
Tische
vorhanden...
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