Jegg-Life-Magazin Juni 2016 - page 29

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| Juni 2016 | Seite 29
Zwei europäische Großveranstaltungen, zwei
unterschiedliche Fangruppen: Warum man eher
Tage und Stunden vor dem Fernseher verbringen
sollte, um Popsternchen um die Wette trällern
zu sehen, ob es doch unterhaltsamer ist, wenn
22 Männer dem Ball nachlaufen, darüber sind
Marion Fabianek
und
Andreas Braunendal
unterschiedlicher Meinung.
Fußball oder
Songcontest?
Marion Fabianek
„Building Bridges“ als Euro-Vision
Auch wenn das schon das Vorjahresmotto des in Österreich ausge-
tragenen Songcontests war, stelle ich es dem heutigen Beitrag voran,
da es eines ist, das immer Gültigkeit behalten sollte – in Musik, Sport
und Politik!
Jegliche Veranstaltung, in denen sich Menschen unterschiedlicher
Herkunft gemeinsam für ein „Feld“ begeistern können, seien das z.B.
Fußball-Europameisterschaften oder Gesangswettbewerbe, in denen
Menschen zusammen für das Gelingen eines gemeinsamen Zieles sor-
gen, finde ich großartig und wichtig. „Insieme“ lautete der siegreiche
Songcontest-Beitrag Italiens vor vielen, vielen Jahren von Toto Cotug-
no. Wie schön, dass dieser damals mit dem Sieg belohnt wurde!
An sich habe ich es ja generell nicht so mit Siegen und Rankings,
weil ich der Meinung bin, dass dies öfter zu einem „Gegen-
einander“ statt zu einem „Miteinander“ führt. – Mir gefallen
Sportarten, in denen es darum geht gegen den eigenen „inneren
Schweinehund“ anzutreten und jeden Tag mit ganzem Herzen
sein Bestes zu geben eben besser, als jene, in denen man gegen-
einander „kämpft“. Sei es sich zu überwinden den Großglockner
hinaufzustrampeln oder sich die Streif hinunterzulassen. Beides
ziehe ich – als Zuschauerin wohlgemerkt! – dem Fußball vor. Auch
wenn manche nahezu tänzerischen Teamleistungen, die gelegentlich
durchaus besser choreografiert wirken als der eine oder andere Song-
contest-Beitrag, mich auch wirklich immer wieder beeindrucken ...
Mir persönlich ist es ja auch völlig gleichgültig, ob Zoe mit ihrer be-
achtlichen, fröhlich-herzenswarmen Performance und ihrem „Gute-
Laune-Song“ im guten Mittelfeld gelandet ist oder „The Makemakes“
für ihre gefühlvolle Ballade unverdienterweise null Punkte kassiert
haben. Weil es – zumindest auch! – um etwas ganz anderes geht:
„Insieme“ – gemeinsam, und in aller Unterschiedlichkeit vereint, für
einen Augenblick, einen Tag, eine Woche im Jahr, an einem Ort zu
leben oder als Teil eines Millionenpublikums per „Television“ daran
teilzuhaben, wie friedvolles Miteinander durch eine verbindende Lei-
denschaft funktionieren kann.
Dafür kann ich mich begeistern – alle Jahre wieder. In einer Vision für
das „richtige Leben“!
Lieber Euro-Kick als Euro-Vision
Vorweg: Mir ist Musik sehr viel wichtiger als Fußball. Trotzdem ver-
folge ich lieber Spiele der Fußball-Europameisterschaft als den Euro-
visions-Songcontest, auch wenn der den besseren ORF-Moderator
hat. Warum? Weil mir diese Ansammlung größtenteils entseelter und
austauschbarer Musik auf die Nerven geht. Hier gewinnen ja nicht
die Besten, sondern nur die, die am wenigsten schlecht sind. Auf der
Welt gibt es so viel beseelte Musik, dass
es mir bei diesem Schrott schade
um meine Ohren ist. Wahr-
scheinlich ist es einfach ein
völlig falsches Konzept,
aus einer musikali-
schen Reise durch die
Länder Europas ei-
nen Wettbewerb zu
zimmern, statt ein-
fach ein fröhliches,
Brücken bauendes
Fest daraus zu ma-
chen.
Die Euro hingegen
macht da schon mehr
Spaß: Denn im Gegensatz
zum vorgefertigten Indus-
triepop, bei dem gerade Mal
die Solostimmen wirklich live sind,
müssen die Fußballmannschaften als perfekt eingespielte Ensemble
laufend spontan auf das aktuelle Geschehen am Platz reagieren. Und
wie die besten Teams diese Aufgabe meistern, ist oft ebenso beein-
druckend wie spannend und unterhaltsam. Außerdem geht es beim
Fußball tatsächlich nur um eines: um den Fußball.
Beim Songcontest geht es um vieles, aber kaum umMusik – nicht um-
sonst halten sich tatsächliche Größen von dieser Veranstaltung mög-
lichst fern. 61 Austragungen haben gerade mal keine Handvoll Stars
hervorgebracht: ABBA, Celine Dion und Udo Jürgens. Mehr fällt mir
schon nicht mehr ein. Mit der Liste der begnadeten Kicker der letzten
Jahrzehnte könnte man mehr als den Rest dieser Seite füllen.
Andreas Braunendal
Fotos: Fotolia (1)
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