JEGG-Life-plus Seprember/Oktober 2014 - page 36

JEGG-Life plus 2014
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Frau Burgstaller, viele Hospizbetreuer
kommen auf demWeg der Sozial- und
Pflegeberufe zur Hospizbewegung.
Wie war das bei Ihnen?
E. Burgstaller:
Ich war 30 Jahre lang im Ver-
kauf tätig, bei Billa, Konsum und Meinl. Eine
helfende Ader habe ich immer schon gehabt
und ich habe gesagt, wenn ich in Pension
gehe, dann werde ich einen Teil meiner Frei-
zeit verschenken. Dann ist in Frohnleiten ein
Hospiz-Grundseminar angeboten worden.
Ich habe diese Ankündigung gelesen und bin
hingegangen. So ist das in Bewegung gekom-
men. Ich habe dann die Ausbildung absol-
viert, die dauert rund ein dreiviertel Jahr bis
zur Zertifikatsverleihung. Dann muss man 40
Praktikumsstunden vorweisen, die habe ich
im Pflegeheim im Schloss Weyer in Rothlei-
ten gemacht.
Nachdem wir in der letzten Ausgabe den Hospizverein Steiermark vorgestellt haben,
führten wir nun ein Gespräch mit der Frohnleitnerin Elfriede Burgstaller, die seit zehn
Jahren ehrenamtlich Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet.
Wie war das im ersten konkreten Fall,
wenn man mit dem Sterben eines
Menschen konfrontiert ist?
E. Burgstaller:
Als ich das erste Mal gerufen
wurde, da war ich sehr aufgeregt. Ich habe
versucht, in meinen Unterlagen nachzulesen,
wie ich den ersten Schritt mache. Aber es ist
ja doch jedes Mal anders, einzigartig. Das war
ein lieber Herr, der noch ansprechbar war.
Ich bin zu ihm, habe mich vorgestellt und
dann hat er mir die Hand geküsst. Das war
meine erste Begleitung. Und mit jedem neuen
Menschen wächst man da mehr hinein. Wie
es einem selbst geht damit? Einmal besser,
einmal schlechter. Wir stoßen an Grenzen,
für die es kein Rezept gibt.
Was sind denn die emotionalen
Hilfestellungen, die die Menschen
brauchen? Einerseits die Sterbenden,
andererseits die Angehörigen?
E. Burgstaller:
Das ist wie ein Mosaik. Im
Krankenhaus oder Altersheim: Der eine Teil
sind die Schwestern, der andere die Ärzte,
die Angehörigen, die Putzfrauen, und ein
Teil sind wir. Das gibt dann ein Ganzes. Der
sterbende Mensch hat sehr viele Ängste, das
beginnt schon, wenn er z.B. ins Altersheim
kommt. Es ist ja nichts mehr so, wie es vorher
war. Man muss sich einmal vorstellen, was in
so einem Menschen vorgeht. Und vielleicht
will er das dann gerne irgendjemandem mit-
teilen, seine Hilflosigkeit artikulieren, man-
ches aus dem Leben noch aufarbeiten, um
loslassen zu können. Die Ärzte und das Per-
sonal haben viel zu tun und damit wenig Zeit.
Wir nehmen uns diese Zeit und es muss ja
auch der Patient bereit für ein Gespräch sein.
Worüber spricht man
mit sterbenskranken Menschen?
E. Burgstaller:
Die Menschen erzählen oft
Sachen, wo wir zwischen den Zeilen etwas he-
raushören müssen. Wenn ich hingehe, muss
ich einfach offen sein, frei sein für das, was
kommt. Und wenn dieses Mal nichts kommt,
kommt nichts. Manche Menschen arbeiten
ihr ganzes Leben auf. Unsere Aufagbe ist es,
den Menschen mit absoluter Wertschätzung
zu begegnen. Jeder muss sein dürfen, wie er
ist. Die Würde muss man unbedingt bewah-
ren, denn das ist oft das Letzte, was sie noch
haben. Ich mag die Langzeitbegleitungen, da
kann man bis zum Sterben sehr viel aufarbei-
ten. Das braucht es, um loslassen zu können.
Komme ich nur wenige Tage vor dem Ster-
ben, kann ich nur noch da sein, Wertigkei-
ten geben, die Hand halten. Dann kann man
noch die Angehörigen begleiten. Auch ihnen
muss man Wertschätzung geben. Es ist auch
oft unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die
Angehörigen kommen und sich verabschie-
den. Manchmal ist man mit jemandem nicht
so gut, da ist es dann auch wichtig, dass diese
Person kommt, damit man auch das erledigt
hat und loslassen kann.
Hospizarbeit:
Es geht um die Würde
Ein Gesprächmit Frau Elfriede Burgstaller, Betreuerin des Hospizvereins
Steiermark, über ihre Tätigkeit in der Sterbebegleitung.
Menschen und Leben
Andreas Braunendal
Foto: Fotolia.de
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