Jegg-Life-Magazin November 2015 - page 16

JEGG-Life plus 2015
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Aus einer jüngst veröffentlich-
ten Studie des Grazer IFUS-
Institutes geht hervor, dass es
im Zeitraum 2010 bis 2014 im
Bezirk Graz-Umgebung jähr-
lich 170 Einbrüche im Schnitt
gegeben hat. In Graz waren es
deren 530. „Damit ist GU, ge-
messen an der Wohnbevölke-
rung, Nummer 3 hinter Graz
und Leibnitz“, so Studienautor
Mag. Alexander Neumann.
An Fakten nennt die Studie
weiters, dass zwei Drittel aller
Haus- und Wohnungseinbrü-
che über Fenster und Türen
erfolgt, davon 49 Prozent über
Balkone und Veranden. Und:
Mit Brecheisen als häufigster
„Tatwaffe“ schaffen Einbre-
cher, ein normales Fenster,
eine normale Balkontüre in
weniger als 5 Sekunden aufzudrücken.
Jeden kann´s treffen
Bedrückend, sagten wir in der Redaktion
– und luden eine Experten-Runde ein, um
Klartext zu reden. Denn: In einer Wohnung
im Mehrparteien-Haus oder in Eigenheimen
- prinzipiell kann es jeden von uns treffen. Im
Prinzip aber nicht, wie unser Forum heraus-
fand. Technischer Selbstschutz, richtiges Ver-
halten und gelebte Nachbarschaftshilfe sind
die Stichwörter, um die sich die Erkenntnisse
unserer Experten drehten.
Chefinspektor Kurt Dobida (Polizei-Inspek-
tion Gratwein-Straßenegel) stellt das häu-
figste Täterbild voran: „Einbrecher teilen
sich erfahrungsgemäß in drei Gruppen,
„Patscherte“, Besoffene und echte Banden.
Alle drei „Typen“ haben eines gemeinsam:
sie suchen den Weg des geringsten Wider-
standes“. Aus seiner jahrzehntelangen Er-
fahrung pflichtet „Kleine Zeitung“-Chefre-
porter Hans Breitegger bei: „Der normale
Einbrecher will immer nur schnell weg. Fäl-
le, wo Täter mit Vorsatz und Bewaffnung
zur Gewalttat schreiten, sind seit Jahren
zurückgegangen. Aber: Mit Tschetschenen
würde ich mich nicht anlegen…“. Mag. Dr.
Peter Wochesländer, der vor drei Jahren in
Halt, da is a Spalt
Dunkle Winterabende, Hochsaison für dunkle Gestalten. Knapp die Hälfte aller
Einbrüche werden in den Monaten November bis Jänner verübt. Das aktuelle JEGG
Experten-Forum gibt Auskünfte zur eigenen Sicherheit.
Graz die Aktion „Nachbar passt
auf!“ gegründet hat, weiß dazu:
„Einbrecher soll man, wenn man
ihnen auf der Flucht begegnet,
nicht behindern. Verletzungen
mit einfachen Einbruchs-Schrau-
benziehern sind zumeist gefähr-
licher, als Messer-Attacken“.
Mit dem Brecheisen
Mit den heutigen sicherheits-
technischen
Einrichtungen
kann jedermann selbst vorsor-
gen.
Sicherheits-Türschlösser
werden schon von 63 Prozent,
Sicherheitsfenster aber erst von
18 Prozent der Bevölkerung
verwendet.
Kriminalreporter
Breitegger weiß: „Balkone sind
meist im blickgeschützten Hin-
terbereich von Häusern. Mit dem
Brecheisen fest angedrückt, sind
Einbrecher bei Normaltüren schnell drinnen.
Da helfen nur dreifach verriegelte
Türen“. Soll für einen Einbau hei-
ßen: Wenn schon, denn schon –
auf die Ö-Norm kommt´s an. Für
optimalen Schutz speziell bei Si-
cherheitstüren steht die Ö-Norm
B 5338 ab Widerstandsklasse 3,
empfiehlt die Polizei.
Der Faktor Wahrnehmung
„Eine halbwegs sichere Haus-Au-
ßenhülle ist durchaus sinnvoll“,
sagt Dobida. Die Technik allein
ist aber noch kein Vollschutz.
Auch die Aufmerksamkeit der
Menschen ist gefragt. „Bei Be-
obachtung auffälliger Menschen
oder Vorgänge sofort, und nicht
Stunden oder Tage später, die Po-
lizei anrufen“. Und: „Bei auffälli-
gen Fahrzeugen Farbe, eventuell
Marke, vor allem aber Kennzei-
chen merken und der Polizei sa-
gen – auch so haben wir schon
etliche Einbrüche im Vorfeld abwenden kön-
nen“. Womit die Prävention angesprochen
wäre – der Schwerpunkt des Nachbarschafts-
Profis Wochesländer. „Vorsicht etwa bei Pro-
spektverteilern, vornehmlich ausländischer
Herkunft, deren Verteilung nur Vorwand
ist, das Auskundschaften der Örtlichkeit ihr
wahrer Job. Fragen diese, von einem Zettel
ablesend, nach einer Straße, die gar nicht in
der Nähe ist, liegt genannter Verdacht nahe
und wäre eine rasche Meldung bei der Polizei
ratsam“.
Gekipptes Fenster ist ein offenes Fenster
Solche „Auskundschafter“ als „Vorauskom-
mando“ der eigentlichen Einbrecher, hin-
terlassen oft auch Zeichen. Striche neben
Haustüren, Farbkleckse am Boden vor dem
Eingang, Farbbänder am Gar-
tenzaun – mögliche Signale
der Vorboten. Auch das soll
man der Polizei melden. So-
fort – und nicht erst irgend-
wann. Kurt Dobida: „Lieber
einmal mehr die Polizei ge-
rufen, als einmal zu wenig –
oder zu spät. Denn: je zeitnä-
her wir dran sind, desto höher
die Erfolgs-Chance“. Dabei
nicht zu vergessen: Späher
schauen auch, ob Leitern oder
Aufstiegshilfen wie Müllton-
nen etc. im Nahbereich von
Fenstern stehen. Oder: Hö-
heres Gras im Garten kann
ein Hinweis dafür sein, dass
längere Zeit niemand daheim
ist. Um sich selbst zu schüt-
zen, bitte nicht vergessen: Ein
gekipptes Fenster ist für Ein-
brecher ein offenes Fenster!
Und: Auch Keller gehören zur
Wohnung. Zum selbstverständlichen Ver-
sperren die regelmäßige Kontrolle nicht ver-
gessen. Gleiches gilt für Carports in Außen-
bereichen. Fahrräder etwa sind hier begehrte
Objekte ungebetener Gäste.
Ohne Sicherheitstüre:
Da ist a Spalt – in 5 Sekunden geöffnet …
„Um der Bevölkerung
effektiv helfen zu können,
brauchen wir auch deren
Mithilfe“.
Kurt Dobida,
Chefinspektor der
Polizeidienststelle
Gratwein-Straßengel
„Nachbarschaftshilfe
heißt: aufmerksam sein –
auch wenn es einen nicht
selbst betrifft“
Peter Wochesländer,
Betriebswirt und Gründer
von „Nachbar passt auf“
in Graz
Expertenforum
Erich Cagran
Fotos: Fotolia (2)
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