Jegg-Life-Magazin November 2015 - page 21

JEGG-Life plus 2015
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Stille? Von wegen!
Von Andreas Braunendal
Ja, das Idealbild des friedlichen Advent ist schön. Aber bleiben wir
realistisch: Am Arbeitsplatz ist besonders viel zu tun. Das kommen-
de Geschäftsjahr ist vorzubereiten und für die Weihnachtsferien muss
man auch noch vorarbeiten. Dann die Weihnachtsfeiern: die Firma
oder Abteilung, der Verein, das Altersheim, in dem die Oma lebt, der
Kindergarten, – ob man will oder nicht, da gibt es kein Entkommen.
Besser Spenden als Schenken klingt auch schön.
Um den Preis, dass ein dutzend Verwandte ein
Jahr lang beleidigt ist. Dann besser sinnvolle
Weihnachtsgeschenke besorgen, was auch wie-
der seine Zeit braucht. Punschstandln bieten da
zwar keine Heilung, aber hilfreich sind sie alle-
mal. Außerdem sind die Stände und Märkte der
einfachste Weg, sich wenigstens spontan mit ein
paar Freunden zu treffen.
Versuche ich anstel-
le dessen einen besinnlichen Abend im
Freundeskreis zu organisieren, bekomme
ich folgendes zu hören: „Wenn du ein
wirklich guter Freund sein willst, erspa-
re mir bitte diesen zusätzlichen Termin
in meiner raren Freizeit.“
Wer es sich leisten kann, anstelle all des-
sen die Arbeit ruhen zu lassen, Hektik gegen
Almhütteneinzutauschen,istentwederarbeits-
los – dann kann man sich die Hütte sowieso nicht
leisten – oder Teil einer ziemlich wohlhabenden Minderheit. Außer-
dem müsste es eine der raren sehr hoch gelegenen Almhütten sein,
damit es tatsächlich schneit und nicht regnet.
Also stelle ich mich dem Adventstress eben, freue mich, dank Advent-
beleuchtung den Blick auch einmal nach oben zu lenken und warte
auf den 27. Dezember. Da beginnt nämlich meine persönliche stille
Zeit.
In der Stille liegt die Kraft...
Von Marion Fabianek
Winterweicher Schnee auf Wegen und in Gassen, Atemhauch, der
beimGrüßen der Nachbarn in die kalte Luft steigt, gemütliche Abende
bei Kerzenschein mit Familie und Freunden oder mit einem Buch auf
der Couch, ein Glaserl selbst gebrauten alkoholschwachen Punsch am
Beistelltischerl, ein paar geröstete Maroni ...
Die Vorweihnachtszeit war in unserem christlich
geprägten Umfeld eigentlich traditionsgemäß eine
Zeit der Einkehr, des Zu-Sich-Findens, des Fastens,
des leisen Miteinanders in winterabendlichen Run-
den, in denen Adventkränze gebunden, Leckerei-
en hergestellt und allenfalls kleine Weihnachtsge-
schenke gebastelt wurden. Eine Zeit, in der alles ein
wenig leiser und langsamer wurde. Ja, früher – und
glücklicherweise mancherorts auch heute wieder!
Ich will nicht prinzipiell gegen Weihnachtsfeiern oder ein fröhliches
Miteinander in geselliger Runde, wo auch immer diese sich zusam-
menfindet, wettern, dennoch erscheint mir die vorweihnachtliche
Event- und Shoppingkultur phasenweise so überzogen, dass ich am
liebsten flüchten würde. Wohin? In eine Almhütte weitab des Lau-
ten, Schrillen, Bunten. Wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen,
der Schnee tatsächlich leise rieselt, und man dies auch hören kann,
die Winterlandschaft und die Ruhe den Geist beruhigt – einfach das
hektische Tempo, das man aus dem Alltag gewohnt ist, auf einen ge-
mächlichen Trott reduziert. Wie schön!
Wenn man die Seele baumeln lassen kann, den Duft von Tannenrei-
sig und Lebkuchen oder von mit Gewürznelken gespickten Orangen
einatmet, das eine oder andere kleine Geschenk kulinarischer Natur
anfertigt, dessen Duft dann die Räume erfüllt.
Und das solcherart gesparte Geld für einen guten Zweck ausgibt -
wenn Steirer Steirern helfen, Menschen für Menschen da sind und/
oder man ein wenig Licht ins Dunkel bringt, ... - dann ist Weihnachts-
zeit!
Oder auch Zeit zu schen-
ken, Menschen, die man
selten sieht, Menschen,
die hierzulande allein
sind, Menschen, die sich
– unabhängig davon, ob
sie Weihnachten feiern
oder nicht, freuen, wenn
sie auf ein wenig zwi-
schenmenschliche Wär-
me treffen.
In diesem Sinne:
WEIHNACHTSZEIT
STILLE ZEIT
HERZ WIRD WEIT
Advent-
betrachtungen
Fackelwanderung oder Punschstandl? Kerzenschein oder
Weihnachtsbeleuchtung? Weihnachtliche Einkehr oder
Weihnachtsgelage? Wanderungen in der winterlichen Natur
oder Einkaufsmarathon auf der Shopping-Meile? Hausmusik
oder Weihnachtsclubbing? Wege, die Vorweihnachtszeit zu
begehen gibt es viele.
Marion Fabianek vs. Andreas Braunendal
Fotos: Fotolia (3)
K-Toon: Sigi Kerstein
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