Jegg-Life-Magazin November 2015 - page 28

JEGG-Life plus 2015
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Wir sind Gemeinde!
Immer mehr steirische Gemeinden üben
sich – oft unter Projektbegleitung der „Land-
entwicklung Steiermark“ – in der Kunst der
Bürgerbeteiligung. In Deutschfeistritz un-
ter Bgm. Michael Viertler erweist sich das
Modell, die Gestaltung des Gemeindelebens
nicht alleine der Politik zu überlassen, als äu-
ßerst erfolgreich. Bgm. Viertler erzählt dabei
sehr offen, dass er der Idee der prozessbeglei-
teten Bürgerbeteiligung zuerst eher skeptisch
gegenüber stand. „Oft dient ja die Idee der
Bürgerbeteiligung dazu, Fehler auszubessern,
die die Politik gemacht hat. So lassen wir via
Flächenwidmungsplänen erst Gewerbezonen
am Ortsrand zu, dann wissen wir nicht mehr,
wie wir die Ortskerne beleben sollen und de-
legieren das Problem an die Bürger.“ Aber
nach ersten Gesprächen entwickelte sich der
ÖVP- Bürgermeister und Unternehmer rasch
zum absoluten Verfechter: „Die Bürger haben
gelernt, die Erfüllung jedes Wunsches an die
Politik zu delegieren statt selbst aktiv zu wer-
den. Dann sind die Entscheidungsprozesse
lahm, die Spielregeln eng und die Leute är-
gern sich, dass nichts weitergeht. Mit geleb-
ter Bürgerbeteiligung übernehmen die Leute
wieder selbst Verantwortung, die Politik be-
kommt neue Ideen geliefert und wenn etwas
nicht realisierbar ist, muss man transparent
machen, warum etwas nicht geht.“ So steigt
in Summe die Zufriedenheit mit der Politik
gleichzeitig mit der Lebensqualität und der
Identifikation mit der Gemeinde. Damit das
in der Praxis funktioniert, muss man Politik,
Verwaltung und Bürgerprojekte eng mitein-
ander vernetzen. Die Menschen müssen spü-
ren, dass ihre Beteiligung gewünscht ist und
auf fruchtbaren Boden fällt. Wenn man Ideen
dann gemeinsam im Detail durchspricht und
auf die Realisierbarkeit hin überprüft, gibt es
auch dort Verständnis, wo etwas nicht mach-
bar ist.
Bürger und Gemeinde:
Wir sind ein Team!
Geleitet wurde der Bürgerbeteiligungsprozess
„Deutschfeistritz lebt auf “ von einem rund
zehn Personen umfassenden Kernteam, auch
Vertreter aller Parteien waren involviert. Das
Bindeglied zur Gemeinde war der Sprecher
der Gruppe – Christian Adamer, eine wei-
tere tragende Rolle hatte Werner Gasser, der
für die Kommunikation verantwortlich war.
Transparente, offene Kommunikation scheint
mit ein Schlüssel zum Erfolg zu sein. So wur-
de etwa ein eigenes Bürger-SMS-System ins-
talliert, mit dem jeder Interessierte an Termi-
ne erinnert wurde und über die wichtigsten
News informiert wurde. Die großen The-
menkreise der ersten Runde waren Mobilität,
Wirtschaft, gelebte Gemeinschaft, Deutsch-
feistritz überLEBT und familienfreundli-
ches Ortszentrum. Alle in vielen Treffen
entwickelten Ideen wurden gemeinsam dem
ganzen Gemeinderat präsentiert und dort auf
ihre Realisierbarkeit überprüft.
Konkret realisiert wurden einerseits größe-
re Projekte wie das Zeit-Hilfs-Netz oder ein
Gemeinschaftsgartenprojekt. Daneben gab
es eine Fülle kleinerer, für eine lebenswerte
Gemeinde aber nicht minder wichtige Bür-
gerideen, die von der Gemeinde aufgegriffen
und umgesetzt wurden. So entstand direkt
am Marktplatz ein Kinderspielplatz und das
von der Gemeinde zuvor vergessene „Schul-
wegerl“ erhielt eine LED-Beleuchtung. Auch
der ehemaligen Trafik wurde neues Leben
eingehaucht.
Unter demMotto „Deutschfeistritz lebt auf“ entwickelte sich die Gemeinde zu einem
Vorzeigemodell für gelebte Bürgerbeteiligung.
Menschen & Leben
Andreas Braunendal
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