Jegg-Life-Magazin Juni 2016 - page 44

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| Juni 2016 | Seite 44
Höhlenreiches Refugium
Höhlen sind imÖstlichen Alpen-
vorland selten. Im Grazer Berg-
land mit der Peggauer Wand trifft
man jedoch auf ein umfangrei-
ches Höhlensystem. Der Großteil
ist touristisch nicht erschlossen.
Einzig die Lurgrotte ist zahl-
reichen Besuchern zugänglich.
Höhlen sind bedeutende Lebens-
räume und beherbergen viele
spezialisierte Arten. Am Fuße
der Peggauer Wand befinden sich
mehrere Stollen, die während
des Zweiten Weltkrieges angelegt
wurden. Ein Stollen ist Natur-
schutzgebiet und dient als Schlaf-
und Überwinterungsquartier für
Fledermäuse. Die kleinen Säuge-
tiere benötigen je nach Jahreszeit
unterschiedliche Quartiere.
Winterquartier für seltene
Fledermausarten
Biologe der Steirischen Natur-
schutzjugend, Oliver Gebhardt,
ist aktiver Mitarbeiter bei der
Koordinationsstelle für Flederm-
ausschutz und -forschung in Ös-
terreich (KFFÖ): „Zwischen 2013
und 2015 konnten wir insgesamt
16 Arten von den 26 in der Stei-
ermark heimischen Arten nach-
weisen. Darunter die vom Aus-
sterben
bedrohte
Große Hufeisennase
und die Langflügel-
fledermaus. Letztere
gilt offiziell in der
Roten Liste der ge-
fährdeten Tierarten
Österreichs sogar als
„ausgestorben“, da
nur mehr einzelne
Individuen in den
Winterquartieren –
wie etwa in der Peg-
gauer Wand – ange-
troffen wurden.“
Doch die jüngsten
Forschungsergeb-
nisse von Fleder-
mausexperten der
KFFÖ – die Fleder-
mausforschungs-
Projekte sind aus
Mitteln des Landes
Steiermark
geför-
dert – zeigen ein an-
deres Bild: die Wand
Lebensraum
PEGGAUER WAND
Wertvoller Lebensraum für Fledermäuse.
Der Kalkfelsen ist schon von weitem
sichtbar und ein markanter Punkt in der
Landschaft des Murtales. Es ist die
Peggauer Wand, die mit ihren Höhlen
und Steilwänden doch sehr beeindru-
ckend ist. Ein Europaschutzgebiet und
wichtiger Lebensraum für Fledermäuse
und Felswandbrüter, wie den Uhu.
wird von der seltenen Langflügel-
fledermaus im Spätsommer zur
Paarungszeit stark frequentiert.
Dann gesellen sich die Weibchen
zu den Männchen, die dort frü-
her eintreffen. Im Winter hinge-
gen sind, wenn überhaupt, nur
einzelne Tiere dieser Art da. Es
scheint so, als würden sie eine
Höhle in Slowenien zur Über-
winterung vorziehen, wie man
durch markierte Individuen fest-
gestellt hat. Auch weiß man mitt-
lerweile, dass sich Langflügelfle-
dermäuse im Pfarrhof von Klöch
in der Südsteiermark fortpflan-
zen. Eine Fledermausart, die so-
wohl im Sommer wie im Winter
an der Peggauer Wand anzutref-
fen ist, ist die winzige Zwergfle-
dermaus. Sie ist so klein, dass sie
ohne weiteres in eine Zündholz-
schachtel passt. Sie bevorzugt die
tiefen Spalten, in denen sie sich
im Winter zurückziehen kann.
Die frostsicheren Felshöhlen
werden im Winter auch von der
Großen und der Kleinen Hufei-
sennase genutzt.
Buchenwälder mit Orchideen
und Waldmeister
Auf den trockenen Hanglagen
mit den kalkreichen Böden ge-
deihen Buchenwälder. Zu finden
sind Orchideengewächse, wie das
Breitblatt-Waldvögelein. Ist der
Boden tiefgründiger, wachsen
viele Frühjahrsblüher, wie der
Waldmeister, auch Wohlriechen-
des Labkraut genannt.
Diese alten, dickstämmigen Bu-
chen über und unter der Peg-
gauer Wand bieten baumbewoh-
nenden Fledermausarten wie der
Bechsteinfledermaus oder der
Mopsfledermaus Unterschlupf.
Die Bechsteinfledermaus besie-
delt Spechthöhlen, die Mopsfle-
dermaus verkriecht sich lieber
hinter abstehender Borke oder
anderen Spalten.
Ein Felsbrüter ist der Uhu, die
größte heimische Eulenart. Mit
seinen Federohren und sei-
nen orangefarbigen Augen eine
prächtige Erscheinung. Auch er
eine Art, die streng geschützt ist.
Gefährdung
und Schutz
Fledermausbestände sind auf-
grund ihrer nicht nur zeitlich,
sondern auch räumlich ge-
trennter Lebensräume gefähr-
det. Johannes Gepp vom Natur-
schutzbund Steiermark: „Wie bei
zahlreichen Tierarten kommt es
durch den Landschaftswandel
zur Zerstörung von Lebensraum.
Alle einheimischen Fledermaus-
arten ernähren sich ausschließ-
lich von Insekten und sind wert-
volle Nützlinge, die Schädlinge in
der Land- und Forstwirtschaft in
großer Zahl vertilgen.
Die in der intensiven
Landwirtschaft
ein-
gesetzten
Herbizide
tragen zusätzlich zu
Artenrückgängen bei.
Fledermäuse
sind
europaweit
streng
geschützt. Um ihren
Bestand zu sichern,
müssen die benötigen
Sommer- und Winter-
quartiere unter Schutz
gestellt werden. Hier
im Naturschutzgebiet
Peggauer Wand finden
die Fledertiere noch
geeignete Schlaf- und
Überwinterungsquar-
tiere vor.
Fledermaus-
Notruf
Steiermark
Bernd Freitag
0676 / 621 46 30
Fotos: Naturschtzbund (4), Oliver Gebhardt
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