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echt L i fe
| April 2017 | Seite 31
Fasten als Motor
für Veränderung
Von Lisa Braunendal
Aus Tradition zu fasten ist in meiner Gene-
ration (ich bin 21 Jahre alt) wohl ein ziemli-
ches Minderheitenprogramm. Was habe ich
auch davon, mir 40 Tage lang selbst etwas
zu beweisen, wenn ich die restlichen 316
Tage ungesund lebe?
Vom Ernährungsstandpunkt aus gesehen
würde ich sagen, dass Fasten dann sinnvoll
ist, wenn ich die Tradition als willkommenen
Ausgangspunkt nehme, um etwas zu verän-
dern. Wer für 40 Tage die Ernährung um-
stellt und nicht einfach verzichtet, sondern
schlechte Angewohnheiten durch bessere er-
setzt, wer auf Erkundungstour geht, wie man
einseitige Ernährung abwechslungsreicher
gestalten könnte, der kann die Basis für eine
längere Veränderung zumGuten legen. Wenn
ich dafür auch noch mit dem Erfolgserlebnis
belohnt werde, dass ich endlich diszipliniert
genug war, etwas durchzuhalten, dann kann
ich auch der Tradition als Motor zu Verände-
rung etwas abgewinnen.
Sinn oder Unsinn
der Fastenzeit
Die Tradition
hat recht!
Von Andreas Braunendal
Ursprünglich war die Einhaltung der Fas-
tenzeit ein kirchliches Gebot, dem man
selbstverständlich nachgekommen ist. Ge-
schadet hat diese Tradition niemandem,
ganz im Gegenteil. Warum also über Bord
werfen, was sich lange bewährt hat?
Gerade als g’standenes Mannsbild ist es doch
reizvoll unter Beweis zu stellen, dass man
tatsächlich 40 Tage lang auf etwas verzichten
kann. Bei den einen ist es der Fleischkonsum,
bei den anderen der Verzicht auf Alkohol.
Zweiteres bietet ja auch das Vergnügen end-
lich einmal ganz ohne Promilleschätzen ins
Auto einsteigen zu können. Beim Fleischver-
zicht ist es etwas schwieriger, vor allem, wenn
man mit der reduzierten Kalorienzufuhr
nicht auch die Arbeitsleistung zurückfahren
kann. Schön wäre es schon, aber der Chef ist
da leider anderer Meinung. Was aber immer
geht: Wenigstens auf Gselchtes, Speck, Würs-
tel und Eier verzichten – das schmeckt dann
alles bei der Osterjause umso besser!
40 Tage darben –
wozu?
Von Lisa-Marie Döbling
Bald sind sie vorbei, die vorösterlichen 40
Fastentage. Ich meine für diejenigen, die
dahinter so mancherlei Rituale verbergen
(wollen). Mir ist es auch sehr recht, weil
mich dieses Getue um vielerlei „Abstinen-
zen“ zur Fastenzeit schlicht nervt.
Den kirchlichen Erklärungen des Religions-
lehrers aus vergangener Schulzeit in Ehren:
Ich kann nicht erkennen, warum ich ein
schlechterer Mensch sein soll, wenn ich das
Jahr über normal und bewusst lebe – und
ebenso während der „Fasttage“. Ja, ein Glas
Wein zum guten Essen mag ich auch gerne;
es muss ja nicht eines nach dem anderen
sein, wie die Herren oft meinen. „Autofasten“
nennt jetzt die Diözese eine Entbehrungs-Fa-
cette. Geht bei mir nicht, bin nur Sonntags-
fahrerin. Ein Nein sage ich aber zu 40 Tage
Sex-Verzicht. Das soll ein Priester meinem
Mann geraten haben. Als eine Form christ-
licher Enthaltsamkeit. Einspruch: Das wäre
doch glatte Gesundheits-Schädigung. Ich
werde wohl auf diesen Verzicht verzichten ...
Die einen zelebrieren das Fasten als religiöse Pflicht vor Ostern, die anderen be-
nehmen als Anlass zum Entschlacken und Abnehmen, den dritten ist es wiederum
völlig egal. Lisa-Marie Döbling und Andreas Braunendal sind hier recht unter-
schiedlicher Meinung – und um die Meinungsvielfalt noch etwas bunter zu ma-
chen, meldet sich erstmals auch die 21-jährige Lisa Braunendal zu Wort, um auch
der Jugend eine Stimme zu geben.
Foto: Fotolia
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