Jegg-Life-Magazin März 2016 - page 16

Jegg-Life plus 2016
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Seit 1.1.2016 besteht für Unternehmen die Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht.
Für die einen Schikane der Finanz, für die anderen ein Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit.
Das Wohl und Wehe der
Registrierkassen-
Pflicht ...
Auf den Fenstern mancher Betriebe hängen
plötzlich Poster: Wir schließen wegen Verbot
des kleinen Glücksspiels, Registrierkassen-
pflicht, Allergen- und Hygieneverord-
nungen etc. Was viele Unternehmen
ganz offensichtlich wurmt, ist
offenbar die Sturzflut an Ver-
ordnungen und Auflagen,
verschärft durch laufende
Auftritte von Politikern, die
von Entbürokratisierung und
Vereinfachung reden. Was die
Registrierkassenpflicht selbst
betrifft, kann man aber auch an-
derer Meinung sein: Jeder Arbeiter
und Angestellte kann gar nicht anders
als sein Einkommen zu versteuern, das gilt
auch für die meisten Unternehmen. Wer aber
von Endverbrauchern Bargeld kassiert, war
nahezu eingeladen, die eine oder andere Ein-
nahme unter den Tisch fallen zu lassen. Da-
mit ist nun Schluss und das ist wohl aus Sicht
aller braven Steuerzahler schlicht gerecht.
Problematische Grenze
Was allerdings wieder einmal ins Auge sticht,
ist die laienhafte Umsetzung. Das erprobte
Der Grundstückswert als
Bemessungsgrundlage der
Grunderwerbsteuer bei
privaten Übergaben.
Während bis zum 31.12.2015 für eine priva-
te Übergabe eines Grundstückes als Bemes-
sungsgrundlage der dreifache Einheitswert
diente, so wurde mit der Steuerreform 2016
genau dieser Bereich gänzlich geändert. Die
Bemessungsgrundlage ist nun nicht mehr
der dreifache Einheitswert, sondern der so-
genannte Grundstückswert. Er kann zum ei-
nen mit dem Pauschalwertmodell ermittelt
werden. Die genaue Formel hierzu wurde
Ende 2015 bekannt gegeben und lautet wie
folgt: [(anteilige) Grundfläche x dreifachem
Bodenwert pro m² x Hochrechnungsfak-
tor] + [Nutzfläche bzw. (anteilige) gekürzte
Bruttogrundfläche x Baukostenfaktor x Nut-
zungs- x Altersminderung]
Wann möge sich die vorstehende Formel
wie folgt auf der Zunge zergehen lassen:
Die (anteilige) Grundfläche lässt sich aus
dem Grundbuch bzw. aus dem Nutzwert-
anteil bei Wohnungseigentum ableiten. Der
Bodenwert pro m² ist aus dem Einheitswert-
berechnungsblatt zu entnehmen. Der Hoch-
rechnungsfaktor stellt die Relation zwischen
dem Bodenwert je Gemeinde und dem ak-
tuellen Verkehrswert dar. Die Nutzfläche ist
die gesamte Bodenfläche eines Gebäudes,
jedoch ohne Wände, Terrassen, Balkone
usw. Da man diese wohl in den seltensten
Fällen genau kennt, ist es möglich, von der
Bruttogrundfläche 30 Prozent abzuziehen.
Das Alter des Gebäudes und die Nutzungs-
art werden derart berücksichtigt, dass der
Baukostenfaktor, das sind die von der Statis-
tik Austria hochgerechneten durchschnitt-
lichen Baukosten je Bundesland, entspre-
chend gekürzt wird.
Der Grundstückswert kann aber auch aus
dem Immobilienpreisspiegel 2016 entnom-
men werden. Und zu guter Letzt ist es na-
türlich möglich, den Grundstückswert durch
ein Sachverständigengutachten feststellen
zu lassen. Die Ermittlungsmethoden sind
frei wählbar. Welche Methode sich in der
Praxis bewähren wird, kann noch nicht ge-
sagt werden. Aber es wird individuell auf die
besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls
Rücksicht genommen.
Öffentlicher Notar
Dr. Wolfgang Suppan
Brucker Str. 10, 8101 Gratkorn
Tel. 03124 / 23 0 23
FAX: 03124 / 23 0 23 5
Mail:
web:
österreichische Konzept von Fristen, Über-
gangsfristen und Ausnahmeregelungen sorgt
wie üblich für Verwirrung – trotz vorbild-
lich hohem Kommunikationsaufwand
der Wirtschaftskammer. Als tat-
sächlich problematisch erweist
sich die definierte Grenze der
Registrierkassenpflicht: Eine
Registrierkasse
anschaffen
müssen alle Unternehmen,
deren Jahresumsatz über
15.000 Euro und deren Bar-
einnahmen über 7.500 Euro
liegen. Wer 15.000 Euro umsetzt,
hat einen niedrigeren Jahresgewinn
und verdient wohl weniger als die Min-
destsicherung. Davon eine Registrierkassa
anzuschaffen, die im Normalfall 2000 Euro
aufwärts kostet, führt dazu, dass man dann
sein Geschäft doch besser zusperrt.
Ein anderer Grund fürs Zusperren kann aber
auch die Angst vor kräftigen Steuernachzah-
lungen sein. Denn wer bisher schwarz kas-
siert hat und das ab 2016 nicht mehr kann,
wird der Finanz erklären müssen, wie die
plötzliche Geschäftssteigerung im Vergleich
zu den Vorjahren zu-
stande kommt. Der
Ausweg: Man sperrt
zu und beginnt mit
einem neuen Geschäft
bei null.
Hier und da finden
sich übrigens auch
Unternehmen,
die
mit der Registrier-
kassenpflicht
recht
glücklich sind. Denn
für Buch- und La-
gerhaltungschaoten
bringt die Pflicht mit
sich, dass sie plötz-
lich auf Knopfdruck
einen Überblick über
ihre Umsätze, gut und
schlecht verkaufbare
Waren etc. haben. Sie
können die elektro-
nische Kassa nutzen,
um ihr Geschäft tat-
sächlich zu optimie-
ren und verbessern
damit ihre Chancen,
am Markt zu überle-
ben. Und wer bisher
nur mit Schwarzgeld
überleben konnte, hat
wohl nicht von unge-
fähr ein Problem.
Wirtschaft
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